Schon lange gab es in der Autobranche nicht mehr so viele schlechte Nachrichten auf einen Schlag wie in diesem Jahr. Audi baut 9500 Stellen ab, bei Daimler sollen es 10.000 sein, bei Ford in Europa 12.500. Ähnlich sieht es bei den Zulieferern aus: Continental streicht 15.000 Jobs, Bosch 2600, Brose 2000, Leoni 2000 – die Liste ließe sich fortsetzen. Für die Autobranche kamen diesem Jahr mehrere Probleme zusammen.
Die strengen CO2-Vorgaben und die Kritik der Klimaschützer lassen die lange belächelte und vernachlässigte Elektromobilität nun als den einzigen Rettungsanker erscheinen. Deshalb setzen die Hersteller nun nachdrücklich auf einen schnellen Umbau. Das kostet Geld und Arbeitsplätze und stellt nicht nur sie selbst, sondern auch die Zulieferer vor Probleme. Diese verfügen oft über weniger dicke Finanzpolster als die internationalen Hersteller.
Weitere politische Probleme waren die zweite Stufe des neuen Abgas-Prüfverfahrens WLTP, die allerdings deutlich weniger Probleme verursachte als die erste, die Unsicherheiten in Bezug auf den Brexit, die drohenden Autozölle der Amerikaner und der Handelskrieg zwischen den USA und China.
VDA im Umbruch
Die deutschen Hersteller kämpfen zusätzlich immer noch mit den Nachwirkungen des Abgas-Skandals: Porsche musste 500 Millionen Euro Bußgeld zahlen, Daimler sogar 870 Millionen Euro. Gegen den früheren VW-Chef Martin Winterkorn, den aktuellen Chef Herbert Diess, Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch und den früheren Audi-Chef Rupert Stadler hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Das ist zwar für das operative Geschäft belanglos, macht in der Öffentlichkeit aber einen schlechten Eindruck.
Dort steht das Auto als Klimasünder und Lieblingsgegner der "Fridays-for-Future"-Demonstranten ohnehin unter Druck. Die diesjährige IAA war von zahlreichen Absagen großer Hersteller, Demonstrationen vor den Hallen und dem überraschenden Rücktritt des VDA-Präsidenten Bernhard Mattes geprägt. Auf ihn folgt zum Jahreswechsel Hildegard Müller, die sich keinen einfachen Job ausgesucht hat. Unter den Argusaugen einer kritischen Öffentlichkeit soll sie die Beziehungen der Branche zur Politik reparieren, eine unkonventionelle IAA organisieren und das ramponierte Image der Branche in der Öffentlichkeit wieder verbessern. Keine Wunder, dass der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel sich nach einer Überlegungsphase anders entschieden hat.
Abwärtstrend in China
Dabei steht der Automarkt in Deutschland verglichen mit anderen Regionen sogar noch recht gut da: In diesem Jahr sind hierzulande mehr als 3,5 Millionen Autos verkauft worden. Das ist nicht nur im Vergleich zum WLTP-bedingt schwachen Vorjahr ein guter Wert, sondern liegt auch über dem langjährigen Durchschnitt. In China, in den vergangenen zehn Jahren das gelobte Land der Autobauer und Garant für hohe Zuwachsraten und Gewinne, ging es hingegen deutlich bergab. Das Gleiche gilt für den weltweit zweitgrößten Automarkt USA.
Für das kommende Jahr erwarten die Hersteller eine weiterhin schwache Nachfrage sowie einen beschleunigten Wandel zum E-Auto. Automobilwoche.de wird Sie auf dem Laufenden halten.
Lesen Sie auch:
PCA-Daten: Chinesischer Automarkt im November weiter im Sinkflug
Der (Um-)Bruch – wer nicht mitmacht, ist weg: Die Autoindustrie kämpft mit dem Wandel
Krise in der Autobranche: VW-Konzern senkt Umsatz- und Gewinnziele 2020
Aus dem Datencenter: