Das Münchener Solarauto-Startup Sono Motors startet zum 1. Dezember die bis dato größte Community-Funding Kampagne Europas. Bis zum 30. Dezember 2019 will das Unternehmen 50 Millionen Euro durch 2.000 Reservierungen von bestehenden und neuen Unterstützern erreichen.
Der Hintergrund ist ernst: Mit dem Kapital wollen die Gründer Laurin Hahn und Jona Christians in Produktionsanlagen und Serien-Prototypen des ersten Solarauots Sion, investieren.
Ursprünglich war geplant in diesen Tagen eine neue Finanzierungsrunde mit neuen Investoren bekannt zu geben. Doch die Gründer entschieden sich, die schon weit fortgeschrittenen Verhandlungen abzubrechen.
"Klassische Finanzierung ein Widerspruch"
"Wir haben in den letzten Monaten immer wieder feststellen müssen, dass unsere Ziele in völligem Widerspruch zu denen klassischer Finanzinvestoren stehen", sagt Laurin Hahn, Chef und Mitgründer von Sono Motors. Man hätte das Abwandern von Technologie und Patenten und letztendlich das Aus für das Konzept des Sion in Kauf nehmen müssen, so Hahn und weiter: "Aggressives Wachstum und schnelle Profite lassen sich kaum mit einem nachhaltigen Unternehmens- und Fahrzeugkonzept vereinbaren, das den Zugang zu bezahlbarer und klimafreundlicher Elektromobilität in der Breite ermöglichen soll."
Klar ist: Der Produktionsstart wird sich durch die neue Finanzierungsstrategie um rund ein Jahr auf September 2021 verschieben. Aktuell liegen für den Sion Anzahlungen von rund 10.000 Interessierten im Wert von je mindestens 500 Euro vor - das Fahrzeug soll später für 25.000 Euro angeboten werden.
"Haben uns zunehmend verbogen"
Mitgründer Jona Christians hofft auf das Verständnis und die Unterstützung der Sono Motors Fan-Gemeinde: "Wir haben uns im Spannungsfeld zwischen unseren Versprechen an die Reservierer und den Anforderungen von Investoren zerrieben und zunehmend verbogen. Das mussten wir unbedingt korrigieren. Soziale Verantwortung und Klimaschutz wären sonst auf der Strecke geblieben und damit all das, wofür wir angetreten sind."
Jetzt konzentriere man sich darauf, die Finanzierung mit den Menschen fortzuführen, "die den Sion auf der Straße sehen wollen. Mit einer Community, die sich ein profitables, aber verantwortungsvoll handelndes Unternehmen wünscht, das sich kritisch hinterfragt und an den getroffenen Aussagen ehrlich messen lässt", so Christians.
Gewinne werden auf Reservierer übertragen
Man werde völlige Transparenz bieten und sämtliche Kennziffern auf der Website veröffentlichen, so die Gründer.
Mit einer Tour durchs vorweihnachtliche Deutschland wollen Hahn und Christians (25 und 26 Jahre alt) bei ihren Reservierern persönlich um Vertrauen zur Fortführung ihres Unternehmens bitten.
Mit der Start der Kampagne bringen die beiden ihre noch verfügbaren Gewinnbeteiligungen in einen Gemeinschaftspool ein und übertragen zukünftige Gewinne auf die heutigen Reservierer eines Sion. Sie verzichten dadurch auf persönliche Gewinne, behalten aber die Strimmrechte. Derzeit hält das Gründerteam 74 Prozent der Unternehmensanteile und 64 Prozent der Gewinnbezugsrechte.
Kritik an Förderpolitik
Gründungspartner Laurin Hahn verbindet die Ankündigung für die neue Finanzierungsstrategie mit Kritik am schwierigen Förderumfeld für Start-ups. So funktioniere die Bereitstellung von Wagniskapital für Start-Ups mit kapitalintensiven Geschäftsmodellen in Deutschland weder in der Früh- noch in der Wachstumsphase.
"Hätten wir uns nur auf Fördermaßnahmen oder das deutsche Marktumfeld verlassen, gäbe es Sono Motors in der heutigen Form wahrscheinlich nicht. Hier besteht dringender Handlungsbedarf auf Seiten der Politik. Es muss möglich sein, ein solches Zukunftsprojekt in Deutschland umzusetzen und in den wirtschaftlichen Erfolg zu führen", sagt Hahn. Und betont: "Wir werden in jedem Fall weiterkämpfen. Für eine klimafreundliche Mobilität und für unsere Reservierer."
Sicher ist aber auch: Sollte es den Gründer nicht gelingen binnen 30 Tagen 50 Millionen Euro durch Unterstützer einzusammeln, sieht es für die Zukunft des Unternehmens schlecht aus.
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