Der Münchener Versicherungsriese Allianz will sich in einem Bündnis mit Microsoft zum führenden Software-Anbieter für das Geschäft mit dem Risiko entwickeln. Dazu wird Europas größter Versicherer wesentliche Teile seines hauseigenen Software-Systems ABS anderen Unternehmen der Versicherungsbranche auf Microsofts Cloud-Servern anbieten.
Zudem will die Allianz den Quellcode ihres Systems als Open-Source-Software offen legen, sodass externe Entwickler neue Funktionen entwickeln und einbauen können. Das teilten die Unternehmen am Donnerstag mit.
Microsoft gehört mit seiner Plattform Azure zusammen mit Amazon und Google zu den global führenden Cloud-Anbietern. "Das ist eine Einladung an die gesamte Versicherungsgemeinde", sagte Allianz-COO Christof Mascher. "Wir haben seit vielen Jahren eine hervorragende Partnerschaft mit der Allianz", sagte Microsoft Vizepräsident Jean-Philippe Courtois.
Die Allianz ist "fest überzeugt, dass wir unsere Qualität steigern, wenn wir die Software teilen und für andere Unternehmen managen, die diese Dienstleistung nutzen", so Mascher weiter. Kostenlos ist das Dienstleistungsangebot allerdings nicht.
Keine Kompromisse beim Datenschutz
Nicht teilen wird die Allianz ihre Kundendaten, betonte Mascher: "Wir können beim Datenschutz keine Kompromisse eingehen." Dies sei ein "nicht verhandelbare Vorbedingung". Auch die Allianz-Policen werden nicht zum Kopieren freigegeben.
Der Hintergrund des Bündnisses: Viele Versicherungen haben mit veralteten Software-Systemen zu kämpfen, die aufwendig und teuer zu managen sind. So führt etwa die mangelnde Austauschbarkeit der Daten regelmäßig zu Problemen, wenn beispielsweise Kfz- und Lebensversicherungsverträge auf unterschiedlichen Systemen laufen.
Gleichzeitig übersteigen mittlerweile die von den Versicherern gesammelten Daten die Kapazität der eigenen Server. Große Datenspeicher sind kostspielig, da rechnet sich die Migration auf externe Cloud-Server. Laut Mascher will die Allianz die Partnerschaft "auch für die Weiterentwicklung, die Migration, Richtung Cloud nutzen".
Für Microsoft ist das Bündnis mit der Allianz nicht die erste Initiative dieser Art: "Wir sehen auch in anderen Industrien den Trend zu offenen Plattformen», sagte Courtois. So stellten Microsoft und BMW im April eine offene Technologieplattform für Auto- und Fertigungsindustrie mit ähnlicher Zielrichtung vor.
Unterstützung von Open Source
Microsoft galt früher als Verfechter sogenannter proprietärer Technologie, Gründer Bill Gates achtete streng darauf, dass fremde Softwarefirmen und -entwickler nichts kopierten. Das hat sich geändert: "Microsoft hat sich ein gutes Stück weiterentwickelt, was die Unterstützung von Open Source betrifft", sagte Courtois dazu.
2018 hatte Microsoft die Software-Entwicklungsplattform Github gekauft, auf der Programmierer gemeinsam an Projekten arbeiten können. "Die Allianz wird einen Teil ihrer wichtigsten Kompetenzen bei Github einbringen, damit Softwareentwickler anderer Unternehmen diese gemeinsamen Module nutzen können, um zusätzliche Funktionen auf der offenen Plattform zu bauen", erläutete Microsoft-Vize Courtois.
Neben den Plattformen lässt sich noch ein weiterer Trend in der Versicherungsbranche beobachten: Eine steigende Zahl von Unternehmen ist fachfremd unterwegs und versucht, mit Dienstleistungen außerhalb des eigentlichen Kerngeschäfts Geld zu verdienen. (Carsten Hoefer, dpa/jo)
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