Am Morgen nach der Meldung macht Bernhard Mattes keinen betrübten Eindruck. Im Gegenteil. Der Noch-VDA-Präsident begrüßt gut gelaunt und locker die Gäste einer VDA-Veranstaltung zum Thema Zulieferer-Finanzierung in Zeiten des Wandels. An seinem Programm hat sich für diesen Tag nichts geändert. Nach zehn Minuten Rede spurtet er weiter zum nächsten Termin. Bussiness as usual.
Aber die Nachricht hat in der Branche Aufsehen erregt: Nach weniger als zwei Jahren wird Mattes seinen Posten als VDA-Präsident zum Jahresende aufgeben.
Dem Vernehmen nach waren die Mitgliedsunternehmen, allen voran Volkswagen, nicht zufrieden mit ihm: Der VDA arbeite nicht effizient genug, er trete nicht entschieden genug auf, zudem sei Mattes in Berlin und Brüssel nicht gut genug vernetzt.
Dabei war Letzteres gerade ein Argument für Mattes, als er im Frühjahr 2018 die Nachfolge des Ex-Verkehrsministers Matthias Wissmann antrat. Die enge Verbindung zwischen Politik und Autobranche, die Kritikern immer wieder Munition lieferte, schien vorbei.
Jetzt geht Mattes – mitten im Umbruch und zu einer Zeit, in der die Branche massiv unter Beschuss steht.
Die Debatten um SUVs in Innenstädten sowie um Klimaschutz und Diesel-Abgase, der PR-Gau um die Rede des Frankfurter Oberbürgermeisters: Die Liste der Probleme ist lang.
Hinzu kommt die Diskussion um die wichtigste Messe, die IAA. In diesem Jahr haben zahlreiche Hersteller abgesagt, eine große Anti-IAA-Demonstration ist angekündigt. Die Zukunft der Messe ist ungewiss.
Dialogbereitschaft gefragt
Die Autobranche hat keinen Grund, sich zu verstecken. Sie hat die Zeichen der Zeit erkannt und setzt nicht nur auf Elektromobilität, sondern auch auf CO2-neutrale Produktion und neue Mobilitätskonzepte wie Carsharing und Ridesharing.
Dennoch: Das gesellschaftliche Klima und die Einstellung gegenüber dem Auto haben sich gewandelt und ein allzu selbstbewusstes Auftreten der Autobranche wäre momentan eher kontraproduktiv.
Die Dialogbereitschaft und Konsensorientierung von Bernhard Mattes waren durchaus vielversprechende und in die Zeit passende Ansätze.
Ob der 65 Jahre alte Günther Oettinger nun der Richtige ist, um den Aufbruch der Autobranche in Zeiten der Digitalisierung zu begleiten, darf zumindest bezweifelt werden.
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