Anfang Juni haben BMW und Jaguar Land Rover bekannt gegeben, bei der Entwicklung von Elektroantrieben kooperieren zu wollen. Die Zusammenarbeit könnte einem Bericht der britischen Zeitung "Autocar" noch deutlich umfangreicher werden. So sollen die Briten Vier-, Sechs- und vermutlich auch Achtzylindermotoren aus Deutschland bekommen. Zuvor hatte bereits "Spiegel Online" darüber berichtet. "Autocar" zufolge sollen die Briten nun auch die Frontantriebsplattform UKL von BMW nutzen, auf der bisher der Mini und der BMW Einser aufbauen. Jaguar soll auf dieser Basis zwei neue Modelle, ein SUV und ein Crossover, entwickeln. Die Entwicklung hat bereits begonnen, über die Produktion ist aber noch nicht entschieden.
Von der Kooperation könnten auch Modelle von Land Rover profitieren. Die Mitte des kommenden Jahrzehnte debütierenden neuen Generationen von Range Rover Evoque und Land Rover Discovery Sport könnten sich die Basis mit Mini Countryman und BMW X1 teilen. Zudem orakelt "Autocar", dass es ein neues Einstiegsmodell von Land Rover mit dem bekannten Namen Freelander geben könnte.
Beide brauchen Partner
Jaguar Land Rover steckt momentan in Schwierigkeiten: Das Unternehmen muss trotz seines hochgelobten Elektro-SUVs I-Pace darum kämpfen, die ab 2025 geltenden CO2-Grenzwerte der EU einzuhalten. Aufgrund der aktuellen Schwäche des chinesischen Marktes, hoher Investitionen in seine MLA-Plattform und der Einführung neuer Modelle hat das Unternehmen im vergangenen Quartal einen Verlust von 395 Millionen Pfund (rund 425 Millionen Euro) ausgewiesen. Fünf neue Modelle in den kommenden zwei Jahren sollen den Autobauer in die Erfolgsspur zurückbringen: Der neue Land Rover Defender, der elektrische Jaguar XJ, die fünfte Generation des Range Rover, der neue Jaguar J-Pace und ein neues elektrisch angetriebenes Crossover-Modell von Range Rover.
BMW hat zwar nicht ganz so große Probleme, ist aber als vergleichsweise kleiner Autobauer ebenfalls dringend auf Partner angewiesen, um die anstehenden hohen Investitionen in neue Technologien wie Elektroantrieb und autonomes Fahren auf mehr Fahrzeuge verteilen zu können. Die Münchner haben deshalb bereits eine Kooperation mit ihrem Erzrivalen Mercedes-Benz beim Thema autonomes Fahren angekündigt, die beiden Carsharing-Dienste DriveNow und Car2Go sind bereits zu einem Unternehmen vereinigt worden.
Brexit schafft Hindernisse
Hinzu kommt, dass immer noch unklar ist, wie sich die wirtschaftliche Situation nach dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union entwickeln wird. Ein harter Brexit ist nach der Wahl von Boris Johnson zum Premierminister wahrscheinlicher geworden. In diesem Fall drohen hohe Zölle und Zeitverluste an den Grenzen, was den Handel zwischen Großbritannien und Kontinentaleuropa deutlich erschweren würde. Für die britischen Marken, die nicht nur zahlreiche Autos in der EU verkaufen, sondern auch viele Komponenten von dort beziehen, wäre das eine Katastrophe, für die angestrebte engere Kooperation zwischen BMW und Jaguar Land Rover zumindest ein ernstes Hindernis. Die britische Regierung plant bereits einen Rettungsfonds für betroffene Unternehmen. BMW ist aufgrund seiner britischen Tochtermarken Mini und Rolls-Royce, die beide in Großbritannien produzieren, ohnehin stärker vom Brexit betroffen als die anderen deutschen Hersteller.
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