Im Juli 2019 wurden in Deutschland 332.788 Pkw neu zugelassen. Dies entspricht einem Plus von 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat – bei einem Arbeitstag mehr als vergangenes Jahr. Nach sieben Monaten steht das zweitbeste Neuzulassungsergebnis seit dem Jahr 2000 zu Buche. Nur in 2009, dem Jahr der Verschrottungsprämie, gab es mehr neu zugelassene Pkw auf Deutschlands Straßen.
Der Juli war trotz des einen Arbeitstages mehr stärker als erwartet. Der Vorjahresmonat war schon von vorgezogenen Zulassungen im Rahmen der WLTP-Umstellung zum 1. September 2018 geprägt. Die Entwicklung in diesem Jahr könnte darauf hindeuten, dass es in diesem Jahr zu einem ähnlichen Chaos kommen könnte. Zumindest war die Gesamtmarktentwicklung im Juli schon etwas Besonderes: Es war der zweithöchste Wert in diesem Jahrtausend und lag 22 Prozent über einem mittleren Juli der Jahre 2000 bis 2018.
Rahmenbedingungen verschlechtern sich deutlich
Auch wenn die allgemeinen Rahmenbedingungen – speziell auf dem Arbeitsmarkt – noch gut aussehen, die Aussichten für die kommenden Monate werden von vielen Unternehmen und den Verbrauchern skeptisch gesehen. Sowohl der IFO-Index als auch das Verbrauchervertrauen zeigen eindeutig nach unten. Der gesamte Ifo-Index hat den niedrigsten Wert seit April 2013 erreicht. Dabei ist die Einschätzung der aktuellen Lage "nur" auf den Stand von Anfang 2015 zurückgefallen, während die Geschäftserwartungen inzwischen genauso schlecht eingeschätzt werden wie zuletzt Mitte 2009.
Von dieser Skepsis ist bei den Pkw-Neuzulassungen aber aktuell noch nichts zu spüren: Vom Verband der Automobilindustrie (VDA) kommen unterschiedliche Signale: Der Auftragseingang liegt nach sieben Monaten drei Prozent im Plus, allerdings wies er im Juli ein Minus von drei Prozent auf – nach minus elf Prozent im Juni.
Große Unsicherheiten für den Rest des Jahres
Für das Gesamtjahr 2019 erwartet die Automobilwoche ein Ergebnis von 3,46 Millionen Neuzulassungen, 0,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei wird davon ausgegangen, dass die verbleibenden Monate ein ähnliches Niveau aufweisen werden wie im vergangenen Jahr. Aber die Unsicherheiten sind kaum kalkulierbar:
Ähnliches WLTP-Chaos wie vergangenes Jahr?
Nicht nur aufgrund möglicher negativer wirtschaftlicher Entwicklungen ergeben sich einige Risiken: Die Einführung von WLTP 2 zum 1. September 2019 könnte zu einem ähnlichen Chaos führen wie im Herbst vergangenen Jahres. Der Juli könnte ein erstes Indiz dafür sein, aber für eine endgültige Analyse ist es noch zu früh, zumal sich die Hersteller bezüglich möglicher Probleme öffentlich nicht äußern.
Vorgezogene Zulassungen zum Jahresende?
Auf der anderen Seite könnte es auch positive Impulse geben. Ab 2020 gelten die neuen, herstellerspezifischen Grenzwerte für den CO2-Ausstoß. Es könnte sein, dass viele Hersteller ihre CO2-starken Pkw bis Jahresende verstärkt als vorgezogene Neuzulassungen in den Markt drücken. Das hätte für sie den Vorteil, dass diese Fahrzeuge in 2020 bei der Berechnung des CO2-Flottenausstoßes nicht berücksichtigt würden. Dadurch kommt es möglicherweise zu einem deutlich höheren Gesamtjahresergebnis als zurzeit angenommen wird.
Im Juli lagen die privaten Neuzulassungen 2,6 Prozent oberhalb des Vorjahresmonats. Der Anteil lag mit 36,3 Prozent knapp unter dem Wert des Vorjahresmonats.
Die gewerblichen Neuzulassungen stiegen im Juli nur um 5,9 Prozent. Niemals zuvor wurden in einem Juli mehr Pkw gewerblich zugelassen.
Anteil der Benziner sinkt weiter, Diesel erholt sich leicht
Die Neuzulassungen von Diesel-Pkw stiegen im Juli um sieben Prozent, ihr Anteil verbesserte sich gegenüber dem Vorjahr um 0,7 Punkte auf 33,0 Prozent.
Der durchschnittliche Dieselanteil in einem Juli lag in den Jahren 2000 bis 2018 bei über 43 Prozent. In der Spitze (2007) betrug er 49,3 Prozent.
Die Neuzulassungen der Benziner gingen im Juli um 1,8 Prozent zurück, sie kamen auf einen Marktanteil von 58,2 Prozent. Die Zulassungen von Pkw mit alternativen Antrieben stiegen in Summe um 63,5 Prozent und erreichten nicht nur ihr bisher höchstes Neuzulassungsvolumen, auch der Marktanateil stieg auf den neuen Höchstwert von 8,7 Prozent.
Normale Hybride dominieren alternative Antriebe
Das meiste Volumen bei den alternativen Antrieben haben die normalen Hybride. Sie kamen mit 18.290 Neuzulassungen auf fast 75 Prozent mehr als im Vorjahresmonat und machten 63 Prozent aller alternativen Antriebe aus. An zweiter Stelle lagen die reinen Elektro-Pkw mit 5.963 Neuzulassungen. Das ist zwar fast das 1,4-fache des vergangenen Jahres, aber die hohen Wachstumsraten gegenüber dem Vorjahr dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auf Monatsebene keine großartige Dynamik gibt.
Die Plug-in-Hybride kamen auf 3.270 Neuzulassungen, mehr als doppelt so viel wie Flüssig- und Erdgas-Pkw in Summe.
Rekorde für BMW und Mercedes
Bei den Top 15 Marken gab es im Juli Zuwächse von plus 32 Prozent, aber auch Verluste von bis über 27 Prozent. Zwei Marken verbuchten Neuzulassungsergebnisse wie schon lange nicht mehr: Mercedes (plus 22,4 Prozent) erzielte das beste Juli-Ergebnis der Marke seit 2003. Noch außergewöhnlicher war das Ergebnis von BMW (plus 32 Prozent). Die Münchner ließen über 24.000 Pkw zu, so viele standen in einem Juli letztmalig im Jahr 1992 zu Buche!
Nur drei Marken lagen im Minus
Während acht der Top 15 Marken im Juli ein zweistelliges Plus aufwiesen, lagen nur drei Marken im Minus: VW (minus 6,9 Prozent), Audi (minus 14 Prozent) und Renault mit minus 27,3 Prozent. Diese drei Marken machten zirka 30 Prozent der gesamten Neuzulassungen aus. Rechnet man deren Volumen aus der Neuzulassungsstatistik heraus, gab es bei den verbleibenden Marken in Summe ein Plus von 14 Prozent, statt eines Gesamtmarktzuwachses von unter fünf Prozent.
Neuer Rekord für SUVs und Geländewagen
Auf Segmentebene (KBA-Segmentierung) verloren die Segmente der traditionellen Aufbauarten von den Minis bis zur Oberklasse gegenüber dem Vorjahresonat. Zweistellige Gewinne verbuchten die Vans und die Sportwagen. Ebenfalls deutlich stiegen die Neuzulassungen der SUVs (plus 15,6 Prozent) und die der Geländewagen (plus 19,4 Prozent). Die SUVs erreichten mit einem Marktanteil von 20 Prozent genau so viele Neuwagenkäufer wie die Kompaktklasse.
In Summe konnten die SUVs und Geländewagen im Juli knapp 102.000 Neuzulassungen (Marktanteil: 30,6 Prozent) erreichen. Dies sind sowohl für Marktanteile als auch für Neuzulassungen die höchsten Monatswerte aller Zeiten! Der CO2-Ausstoß der gesamten Neuzulassungen lag bei 158,2 g/km, 1,2 g/km mehr als im Vormonat.
Die Grafiken zu dieser Analyse finden Sie im Datencenter der Automobilwoche:
Pkw-Neuzulassungen in Deutschland im Juli 2019
Marktanteile der Top 15 Marken im Juli 2019 in Deutschland
Top 15 Marken und ihre Entwicklung Juli 2019 in Deutschland
Marktanteile von deutschen Premium- und Volumenmarken und Importeuren - Juli 2019
Monatliche Neuzulassungen nach alternativen Antriebsarten in Deutschland - Januar 2017 bis Juli 2019
Marktanteile nach Antriebsarten in Deutschland - Januar 2015 bis Juli 2019
Marktanteile nach Antriebsarten Juli 2019 in Deutschland
Marktanteilsveränderung nach Antriebsarten - Juli 2019 in Deutschland
CO2-Ausstoß in Deutschland - Januar 2017 bis Juli 2019
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