Der vierte Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig hat darauf hingewiesen, dass einige Ziele der Musterfeststellungsklage gegen den VW-Konzern zu weit gefasst und daher unzulässig sein könnten. Der Verbraucherzentrale Bundesverband wollte erreichen, dass das Gericht feststellt, VW habe die Kunden vorsätzlich sittenwidrig geschädigt und schulde ihnen deshalb Schadenersatz. "Eben dies hält das OLG Braunschweig nach seinen aktuellen Hinweisen für nicht zulässig", sagen die Rechtsanwälte Marcus Hoffmann und Mirko Göpfert von der Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner.
Das OLG habe in seinem Beschluss darauf hingewiesen, dass sich "die Musterfeststellungsklage nicht auf die Feststellung von Ansprüchen – auch nicht dem Grunde nach – erstrecken sollte". Diese würden vielmehr erst später in Verfahren geklärt, die jeder Kläger einzeln führen müsste. "Nach der vorläufigen Ansicht des Senats geht die Klage also gerade in ihrem wichtigsten Feststellungsziel über das gesetzlich zulässige hinaus. Ob ein Schadenersatzanspruch gegen VW grundsätzlich besteht, wird das OLG Braunschweig daher aller Voraussicht nach überhaupt nicht klären", sagte Hoffmann.
Verbraucherschützer: "Musterklage nicht hinfällig"
Rechtsanwalt Christian Grotz von der Kanzlei RUSS Litigation, die die Musterfeststellungsklage für den VZBV führt, teilt diese Ansicht nicht. Zwar sei es formal korrekt, dass im Musterfahren lediglich das Vorliegen von Voraussetzungen für Schadenersatzansprüche geprüft werde, sagte er auf Anfrage der Automobilwoche. Dennoch sei es logisch, dass ein Anspruch der Kunden bestehe, wenn alle Voraussetzungen erfüllt seien. Zudem sei noch nicht geklärt, ob im Musterverfahren nicht auch schon grundsätzlich geklärt werden könne, ob Ansprüche der Kunden bestünden.
Ins gleiche Horn stößt auch Henning Fischer vom Verbraucherzentrale Bundesverband: "Die Musterfeststellungsklage ist nicht hinfällig", sagt er. Das Oberlandesgericht Braunschweig habe sich in dem Hinweisbeschluss nur zum "handwerklichen" Aspekt der Formulierung der Klageanträge geäußert, nicht zu der Frage, ob die Ansprüche der Verbraucher bestünden. Sollte das OLG diese eine Antragsformulierung tatsächlich ablehnen, müsste es über eine Vielzahl weiterer Klageanträge entscheiden.
Mehr als 400.000 Teilnehmer
Auch das OLG Braunschweig selbst erklärte, die Bedenken beträfen nur Feststellungsziele, mit denen die Kläger festgestellt wissen wollten, dass ein Anspruch dem Grunde nach besteht. Die Voraussetzungen für Schadenersatz werde das Gericht klären
Mehr als 400.000 Kunden der Marken VW, Audi, Skoda und Seat, die Autos mit manipulierten Dieselmotoren besitzen, haben sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen.
Lesen Sie auch:
VW-Chef Herbert Diess: Juristischer Ärger nach Talkshow-Äußerung
Medienbericht: Audi soll Aufklärung von Abgasmanipulationen zwei Jahre verschleppt haben
Aus dem Datencenter: