Die Ergebnisse waren ein Schock: Laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey und des europäischen Automobilzuliefererverbands CLEPA, die der Automobilwoche vorab vorliegt, haben im Februar 2019 nur noch 28 Prozent der befragten Zulieferer einen positiven Geschäftsausblick gegeben.
Im September 2018 hatte dieser Wert noch bei 55 Prozent gelegen. Andreas Cornet, Studienautor und Automobilexperte von McKinsey: "Überraschend ist die Dynamik und Geschwindigkeit der Veränderung. Das habe ich so noch nicht erlebt."
Auch die durchschnittlichen EBIT-Margen werden nach Einschätzung der Autoren 2019 nicht das Niveau von 2018 erreichen.
Hoffnung für Zulieferer
Dennoch besteht Hoffnung. "Ich rechne nicht unbedingt damit, dass die Eintrübungen über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben", sagt Cornet.
Entscheidend sei eher, ob es die Industrie schafft, die Chancen der Mobilitätswende und des technologischen Wandels zu nutzen.
Zulieferer können sich in Bereichen wie künstliche Intelligenz, Konnektivität oder Cloud-Plattformen neu positionieren. Möglichkeiten entstehen zum Beispiel dadurch, dass sich die E/E-Fahrzeugarchitekturen in viele Schichten unterteilen, die es vorher nicht gab. Dadurch können sich Zulieferer spezialisieren.
So gibt es künftig den sogenannten Car-Computer oder Domain Controller, der die Funktionalität vieler Steuergeräte übernimmt. Ein Beispiel dafür ist der Zentralrechner ProAI RoboThink des Zulieferers ZF. Dieser bietet dank hoher Prozessorleistung und künstlicher Intelligenz die Voraussetzungen für autonome Fahrfunktionen ab Level 4. ZF ProAI ist die erste Steuerbox, auf der Nvidias Drive Autopilot ab dem Jahr 2020 laufen wird.
Die Marktvolumen sind enorm
Beim autonomen Fahren hat McKinsey fünf Cluster identifiziert, die Potenziale für Zulieferer bieten. So hat das Thema Umfeldwahrnehmung stark an Bedeutung gewonnen.
"Ein klassisches Beispiel dafür war in der Vergangenheit die große Bedeutung von Kameratechnologie, wie von Mobileye. Aber auch viele andere Technologien wie Lidar, Umfeldsensorik oder die Weiterverarbeitung von Daten sind extrem wichtig geworden", erklärt der Seniorpartner.
Für viele Zulieferer tickt die Uhr. "Es ist jetzt höchste Zeit, sich zu positionieren", warnt Dirk Breitschwerdt, Mitautor und ebenfalls Seniorpartner bei McKinsey.
Cornet ist zwar von der Innovationskraft und Agilität etlicher Zulieferer beeindruckt, da "sich viele Unternehmen bei neuen Mobilitätsformen und dem Thema Mikromobilität engagieren, mit neuen Fahrzeugherstellern zusammenarbeiten und Partnerschaften eingehen". Aber der Berater schränkt ein: "Das geschieht noch nicht in der Fläche."
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