US-Präsident Donald Trump hat seine Entscheidung über angedrohte Sonderzölle auf Auto-Einfuhren aus der Europäischen Union und Japan für ein halbes Jahr aufgeschoben. Trump veröffentlichte am Freitag eine entsprechende Proklamation. Demnach soll nun zunächst über entsprechende Handelsabkommen verhandelt werden. Trump fährt in der nächsten Woche nach Japan und trifft sich unter anderem mit Ministerpräsident Shinzo Abe.
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström wird auch in Kürze Handelsgespräche mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer führen. "Ich werde mit dem US-Handelsbeaufträgten Lighthizer nächste Woche in Paris diskutieren", schrieb Malmström auf Twitter. Malmström warnte erneut davor, europäische Autoexporte als eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA zu sehen. Diese Vorstellung weise man entschieden zurück, und sie werde auch nicht Teil von Verhandlungen sein können.
Man begrüße, dass die Vereinigten Staaten und die EU trotz einiger Differenzen "loyal und gewissenhaft" an den Absprachen aus dem vergangenen Sommer festhielten, sagte ein EU-Sprecher am Freitag. Ziel der Vereinbarung ist, zu einem limitierten Freihandelsabkommen nur für Industriegüter zu kommen und die gegenseitigen Zollschranken auf alle Industrieprodukte komplett abzubauen. Die Abmachung hatten Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im Juli vergangenen Jahres getroffen.
Trump hatte im vergangenen Jahr ebenfalls mit Bezug auf die nationale Sicherheit bereits Strafzölle auf Stahl- und Aluminium-Importe aus der EU verhängt, worauf die Gemeinschaft mit Vergeltungszöllen auf US-Produkte reagierte. Die Weltwirtschaft wird zudem vom Handelskrieg zwischen China und den USA belastet, die gegeneinander zahlreiche Sonderzölle verhängt haben.
Autoimporte als Bedrohung der nationalen Sicherheit
"Die Frist von 180 Tagen muss nun intensiv genutzt werden, um in den Verhandlungen zwischen der EU und den USA zu guten Ergebnissen zu kommen", sagte der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie in Deutschland (VDA), Bernhard Mattes. "Zölle oder Quoten würden gleichermaßen den internationalen Handel beschränken." Ziel der Verhandlungen müsse sein, die Möglichkeiten für freien und fairen Handel auszuweiten und offene Märkte sicherzustellen.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach von einem wichtigen Signal für die deutsche und europäische Wirtschaft, dass eine Zuspitzung des Konflikts damit vorerst verhindert worden sei. Die EU sei bereit, ein Industriezollabkommen mit den USA abzuschließen, durch das Autozölle auf beiden Seiten auf Null gesenkt werden. Zu bedauern ist laut Altmaier, "dass die US-Seite Autoimporte nunmehr als Bedrohung der nationalen Sicherheit einstuft".
US-Handelsminister Wilbur Ross hatte dem Weißen Haus Mitte Februar einen Bericht zu einer Untersuchung vorgelegt. Darin kam er zu dem Schluss, dass Autoimporte eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA darstellen. Ross argumentierte, das Entwicklungspotenzial für Fahrzeugtechnik habe auch eine militärische Dimension. Wenn dies einheimischen Herstellern durch eine Dominanz ausländischer Anbieter auf dem Automarkt genommen würde, könne dies Auswirkungen auf die nationale Sicherheit haben. Die Argumentation gilt unter Experten als fadenscheinig. Die USA sind in Sachen Rüstungstechnik weltweit unangreifbar in Führung.
Großteil der Importe kommt aus Japan
Der Bundesverband der Deutschen Industrie forderte die US-Regierung auf, den Ross-Bericht zur Gefährdung der nationalen Sicherheit zu veröffentlichen. "Die durch die Untersuchung geschaffene Unsicherheit ist für Unternehmen und unsere transatlantischen Wertschöpfungsketten gefährlich. Autos gefährden nicht die nationale Sicherheit der USA", betonte BDI-Präsident Dieter Kempf.
Laut Trump hatten US-Hersteller 2017 auf dem amerikanischen Automarkt mit 3,7 Millionen in den USA produzierten und verkauften Einheiten nur noch einen Marktanteil von 22 Prozent - 1985 seien es 67 Prozent gewesen.
Im selben Zeitraum hätten sich die Autoimporte aus dem Ausland von 4,6 auf 8,3 Millionen Einheiten fast verdoppelt. Der Löwenanteil der eingeführten Fahrzeuge kommt aus Japan.
Deutsche Hersteller stark betroffen
Trump behält sich vor, weiterhin Zölle zu verhängen, sollten binnen 180 Tagen keine erfolgreichen Verhandlungen zustande kommen. Er nannte ausdrücklich die zu Ende verhandelten Abkommen mit Südkorea sowie den Nachbarstaaten Mexiko und Kanada als mögliche Vorbilder. Südkorea hatte sich in dem Abkommen unter anderem bereit erklärt, die Einfuhren von US-Autos zu verdoppeln und die Standards, etwa bei Abgastests, anzugleichen.
Sollte der Ausgang für die USA nicht zufriedenstellend sein, sei "der Präsident per Statut autorisiert, andere Maßnahmen zu ergreifen, die Importe zu korrigieren und die Bedrohung, die der importierte Artikel für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten darstellt, zu eliminieren", heißt es in der Proklamation.
Die deutschen Hersteller wären durch die Sonderzölle besonders hart getroffen. Sie haben einen großen Anteil an den EU-Exporten in die USA. Außerdem haben Hersteller wie VW, Daimler und BMW sowie Zulieferer eigene Standorte in den USA. Von denen aus beliefern sie unter anderem den chinesischen Markt. Von dort drohen als Vergeltung von Trumps Sonderzöllen gegen Einfuhren aus China weitere Strafmaßnahmen.
Trump ist die Handelspolitik mit der EU seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge. Aus seiner Sicht können etwa europäische Autobauer einfach in die USA exportieren, während es für US-Firmen umgekehrt schwieriger sei. Die Herstellverbände in der Automobilbranche der USA, denen auch deutsche Firmen angehören, streben ebenfalls eine Harmonisierung an.
Zölle in Europa höher als in den USA
In der Tat erhebt Europa im Durchschnitt etwas höhere Zölle als die USA. Der Welthandelsorganisation (WTO) zufolge liegt der EU-Schnitt bei etwa fünf Prozent, in den USA werden im Schnitt 3,4 Prozent fällig. Auch wenn man die Zollsätze für einzelne Güter mit den importierten Mengen gewichtet, liegt Europa höher. Dieser gewichtete Zollsatz beträgt für die EU in der Summe 3,0 Prozent, in den USA sind es 2,4 Prozent. Für einzelne Produktgruppen gibt es noch größere Unterschiede, auf Autos erhebt die EU etwa zehn Prozent Einfuhrzoll.
Trump stört sich seit langem an der Präsenz deutscher Autos auf amerikanischen Straßen. Schon 1990 drohte er in einem interview des "Playboy" damit, Steuern auf "jeden Mercedes zu verhängen, der in dieses Land rollt". (dpa/swi)
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