Die ersten Serienfahrzeuge rollen in China noch nicht vom Band, da kündigt Daniel Kirchert, neuer CEO von Byton, schon die zweite Fahrzeugplattform an. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die nächste Plattform noch vor 2025 kommt“, sagte der Byton-Chef im Gespräch mit der Automobilwoche. Vor zwei Monaten hatte die neue Automarke bekanntgegeben, dass Mitgründer Kirchert CEO wird und Carsten Breitfeld sich auf die Position des Chairman konzentriert. Bis dahin hatte Breitfeld beide Funktionen auf sich vereint.
Während sich Breitfeld um die mittel- und langfristigen Pläne kümmert, laufen bei Kirchert die Fäden für den Marktstart des ersten Modells zusammen, das SUV M-Byte. In Nanjing baut Byton extra ein Werk für seine Fahrzeuge. 300.000 Stück sollen hier jährlich vom Band laufen, ab 2023 peilt Byton Vollauslastung an. Eröffnet wird das Werk mit einem Headquarter in Byton-"B"-Architektur auf dem Gelände in wenigen Wochen.
Bis dahin ist der Zeitplan aber eng. "Es gibt viel zu tun, aber wir halten uns an die Timeline. Das ist das, was wir beweisen wollen", sagt Kirchert. "Marktstart ist und bleibt Ende des Jahres in China." In einer zweite Welle wolle man den M-Byte dann im nächsten Jahr 2020 in die USA und nach Europa bringen.
Die Vorbestellungen reißen nicht ab
Für Kirchert könnte der Zeitpunkt nicht besser sein für den Markteintritt in Europa. 2020, wenn VW parallel mit seiner ID-Flotte in den Markt drängt und auch alle anderen Premiummarken von BMW über Mercedes bis hin zu Audi Elektrofahrzeuge produzieren, will sich Byton dazu mischen. "Die klassischen Premiumhersteller Audi, BMW und Daimler sind unsere direkten Wettbewerber, ihnen wollen wir Marktanteile abjagen. Aber wir profitieren auch von ihrem Push Richtung Elektromobilität", sagt Kirchert. Denn durch die aktuelle Klimadebatte, durch die knallharte E-Offensive von VW-Chef Herbert Diess und durch das Umdenken bei all den Herstellern in Richtung alternativer Antriebe, würden auch die Städte und Kommunen dazu bewogen, mehr in Infrastruktur zu investieren. "Wir merken, bei der Bevölkerung findet ein 'Mind Change' statt. E-Mobilität wird bald nichts Besonderes mehr sein, sondern als gegeben vorausgesetzt werden", so der Manager.
Dass der Markt reif ist, spricht auch die Zahl für die Vorbestellungen. 50.000 Reservierungen sind bereits über die Homepage bei Byton eingegangen.
An der Elektromobilität allein liegt es sicherlich nicht, dass die Nachfrage bereits jetzt so groß ist. "Die Menschen wollen ein Fahrzeug, was sie nicht nur elektrisch von A nach B bringt. Sie wollen eine einzigartige Vernetzung, ein digitales Ökosystem – und keine Schnittstelle fürs Handykabel."
Kirchert ist sich sicher: Wer einmal ein Byton-Fahrzeug genutzt hat, will danach kein anderes mehr. Über Byton-Live, die Kunden-ID, wird man seine Serien streamen, navigieren und sich mit dem digitalen Assistenten zu Hause vernetzen können. "Wir sprechen gerade mit den weltweit größten Internetkonzernen und Partnern, um deren Content auf unsere Plattform zu bekommen und zu verlinken. Wenn wer sieht, wie Serien, Filme oder PC-Spiele über unsere Bildschirme abgespielt werden, will niemand mehr mit einem anderen Auto fahren, wo man das Smartphone manuell integrieren muss und Bildschirme so groß sind wie Tablets."
Denn seit der CES in Las Vegas 2019 wissen wir: Bytons M-Byte kommt mit einem monumentalen Infotainment-Display 48-Zoll- im Cockpit auf den Markt.
Dritte Funding-Runde – und dann der Börsenstart?
Doch noch vor dem Marktstart in China wollen Kirchert und Breitfeld die finale Phase für ihre dritte Finanzierungsrunde, die Funding-Runde C abschließen. Gerüchten zufolge kommen die Geldgeber für diese Runde vornehmlich aus den USA, denn die Chinesen finanzieren die Marke Byton seit Gründung des Unternehmens Future Mobility Corporation, FMC. "Wir sind ein globales Unternehmen, deshalb würden wir uns freuen, wenn sich das auch in den Funding-Runden niederschlägt", so Kirchert. Ausschließen kann er jedoch, dass Deutsche unter den Geldgeber sind. "Leider ist das so. Der Schwerpunkt von Private Equity liegt in Asien und Nordamerika. Europas ganzer Kapitalmarkt ist sehr konservativ. Wenn man wie wir in der Frühphase Geld bekommen möchte, geht man am besten nach China und Nordamerika."
Über die Höhe der Summe vermag Kirchert öffentlich nur spekulieren. Allerdings sei sie so angelegt, dass sie die Marke über den Produktions- und Marktstart tragen werde. "Dann sehen wir weiter." Steht dann etwa der Börsengang ins Haus, der seit einiger Zeit im Raum steht? "Wir haben noch nicht entschieden, wann der beste Zeitpunkt für den Börsengang ist, aber das ist der Entwicklungsschritt danach", so Kirchert.
Die nächste Plattform könnte eine Robo-Plattform werden
Über die Modellgröße für die nächste Plattform hat Byton laut Kirchert noch keine Entscheidung getroffen. Das Führungsduo treibt zunächst die Frage um, wie viele Kunden sich künftig noch ein Auto kaufen oder aber teilen werden. „Wir beobachten genau, wie sich die individuelle zu shared Nutzung von Fahrzeugen verschiebt und wie schnell parallel dazu die autonome Technologie voran schreitet. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Plattform in diese Richtung geht, ist sicherlich nicht klein“, so Kirchert.
Dabei denkt er auch an Shuttle-Fahrzeuge für den urbanen Raum. In diese Richtung geht bereits das für 2020 angekündigte Modell K-Byte. Die Limousine verfügt über viel Sensortechnik. Byton arbeitet dafür mit dem Start-up Aurora zusammen. Aurora ist die Firma des ehemaligen Google-Ingenieurs Chris Urmson, das sich auf die Entwicklung von Software für Robotaxis spezialisiert.
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