"Wir wollen bis 2020 die Nummer eins im Premiumsegment werden", kündigte der damalige Audi-Chef Rupert Stadler 2012 an. Damals schien das Ziel durchaus erreichbar. Mercedes war auf dem absteigenden Ast und BMW zumindest in Schlagdistanz. Aber das ist lange her. Audi ist heute der drittgrößte Premiumhersteller und es sieht momentan nicht so aus, als ob sich daran in den kommenden zwei Jahren etwas ändern wird. Im Gegenteil: Audi steckt in der Krise.
In den vergangenen Monaten hat die Umstellung auf den neuen Prüfzyklus WLTP den Audi-Vertrieb massiv erschwert. Weil viele Modellvarianten nicht zur Verfügung standen, mussten die Händler hohe Rabatte zahlen oder die Kunden zur Konkurrenz ziehen lassen.
Verkaufszahlen gesunken
Im vergangenen Jahr lag der Hersteller mit einem Absatz von 1,81 Millionen Autos nicht nur deutlich hinter den Rivalen BMW und Mercedes-Benz, die Ingolstädter mussten mit minus 3,5 Prozent auch als einzige einen Rückgang der Verkaufszahlen melden. Ebenso schwach fiel der Start ins neue Jahr aus: Mit 264.500 verkauften Audi in den ersten beiden Monaten 5,5 Prozent weniger Autos. Erneut blieb Audi nur der dritte Platz unter den Premiumherstellern.
Die Situation verbessert sich zwar von Woche zu Woche, aber das Modellangebot ist immer noch nicht wieder so breit wie gewohnt. Zusätzlich hat sich in den vergangenen Wochen der Streik im Motorenwerk Györ negativ ausgewirkt, der die Bänder in Ingolstadt und Neckarsulm tagelang stillstehen ließ.
Abgasskandal
Hinzu kommt der Abgasskandal, der die Marke nach wie vor belastet. Zwar hat Audi durch die Zahlung eines Bußgelds strafrechtliche Folgen abgewehrt, es laufen jedoch noch immer zivilrechtlichen Klagen von Kunden gegen den Hersteller und seine Händler, unter anderem das Musterverfahren mit mehr als 400.000 Klägern, unter denen sicher viele Audi-Kunden sind. Hinzu kommen Ermittlungen gegen mehrere Mitarbeiter, unter anderem gegen den früheren Vorstandschef Rupert Stadler. Ganz zu schweigen von dem Imageschaden, den das Unternehmen erlitten hat, das als Keimzelle der Manipulationen gilt und dessen Chef monatelang in Untersuchungshaft gesessen hat.
Elektromobilität
Wenn sich die Elektromobilität in den kommenden beiden Jahren auf breiter Front durchsetzt, ist Audi vergleichsweise gut aufgestellt. Die Ingolstädter haben ihren E-Tron und sie haben bereits weitere E-Modelle angekündigt. Der Zugriff auf die MEB-Plattform des VW-Konzerns und die PPE-Plattform mit Porsche sichern ihnen gute Technik zu einem vergleichsweise günstigen Preis.
Aktuell steht Audi jedoch schlecht da. Die Marke steht immer noch für herausragende Qualität, aber wegweisende Innovationen wie einst der Allradantrieb oder die Alu-Karosserie sind aus Ingolstadt schon lange nicht mehr gekommen. Wie sich der E-Tron im Vergleich zu Mercedes EQC, Jaguar I-Pace und Tesla Model X schlagen wird, bleibt abzuwarten, jedenfalls ist ein elektrisch angetriebenes SUV heutzutage alles andere als etwas Besonderes. Die aktuellen Modelle laufen durchschnittlich, der A4 schwächelt schon jetzt und wird noch mehr Probleme bekommen, wenn in den nächsten Wochen der neue BMW Dreier zu den Händlern kommt.
Stimmung
Die Belegschaft ist nach der Festnahme und späteren Ablösung von Rupert Stadler verunsichert. Wolfgang Porsche, ein Sprecher der VW-Eigentümerfamilien, ist der Meinung, Audi habe "Speck angesetzt". Der neue Chef Bram Schot hat bereits ein Sparprogramm angekündigt, bei dem es "keine Tabuthemen" geben darf, was die Stimmung nicht verbessern dürfte. Für die Kernmarke VW Pkw hat deren Chef Herbert Diess gerade den Abbau weiterer 5000 bis 7000 Arbeitsplätzen angekündigt. Die Bilanz-PK verspricht jedenfalls spannend zu werden.
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