Porsche versteht sich auf Marketing. Und auf glänzende Geschäfte mit seinen Sportwagen. Bei den besonders leistungsstarken Ausführungen der Ikone 911 etwa können Käufer den Entfall teurer Ausstattungen wählen, um am Gesamtgewicht ihrer Neuwagen zu sparen.
Das bringt wertvolle Tausendstelsekunden beim prestigeträchtigen Spurtvermögen von null auf Tempo hundert. Geld allerdings spart man damit nicht – Porsche streicht es gern selbst ein und stellt den Entfall generös nicht in Rechnung.
Auch beim rein elektrisch angetriebenen Taycan erweisen sich die Porsche-Manager als begnadete Dramaturgen. Und abermals als gewiefte Kaufleute. Für den zum Jahreswechsel 2019/ 2020 erhältlichen Stromer hat die VW-Tochter eine Art Frühbucheroption eingerichtet. Early mover, die den Viertürer möglichst früh ihr Eigen nennen möchten, können dafür in den Porsche-Zentren eine unverbindliche Reservierung vornehmen.
Verbindlich allerdings ist die Anzahlung in Höhe von 2.500 Euro, die Interessenten hinterlegen müssen. Die auf diese Tranche anfallenden Zinsen kann Porsche schon mal für sich verbuchen. Zumindest über jenen Zeitraum, in dem der Obolus der "Yes, we Taycan"-Sager auf den Banken für die Stuttgart-Zuffenhausener arbeitet.
Noch ist Porsches nächster großer Katalog ein Buch mit sieben Siegeln
Die Geldgeber erwerben keinen Anspruch auf einen Taycan, jedoch die Hoffnung auf eine möglichst frühe Zuteilung. Und ein Stück Papier. Von hohem Holzgehalt immerhin und im Vierfarbdruck veredelt. "Zertifikat über die Anzahlung" steht darauf, der Name des potenziellen Taycan-Kunden in spe sowie "Ort, Datum, Unterschrift" zur Transaktion. Einen möglicherweise schwungvollen Zertifikatehandel auf dem Graumarkt erstickt Porsche im Keim – die Urkunden sind ausdrücklich "nicht übertragbar".
Übersendet wird das Ganze in einem aufklappbaren Schmuckkarton, der vier nummerierte Fächer birgt. Im ersten Schlitz steckt besagte Pappe, die anderen drei Nischen wird Porsche sukzessive befüllen, um zu jeweils gegebener Zeit die Spannung – und Vorfreude – weiter zu erhöhen. "Tesla" ist die Einheit der magnetischen Induktion, "Teslastrom" hochfrequente Energie extrem hoher Spannung. "Taycan" könnte die Einheit der quasimagnetischen automobilen Anziehungskraft werden, und unter rapide zunehmender "Taycanstromstärke" stehen Spätheimkehrer ohne Vormerkung, die sich jetzt erst zu Porsche bequemen.
Ist der "Quartett"-Ordner komplett, kann Porsche alle viere von sich strecken – und in den Markenzentren auf "echte" Besteller des absehbaren Bestsellers warten. Insider rechnen damit, dass die unterschiedlich E-motorisierten Taycan-Modelle im Serientrimm auf der IAA-Pkw stehen und zeitgleich im September alle Austattungslisten verfügbar sein werden.
Wer seine fünf Sinne beisammen hat und Porsche kennt, ahnt, dass dann einige Überraschungen lauern dürften. Für Discounter-Preise sind die Schwaben nicht bekannt. Vorerst aber schweben die Inhaber eines Taycan-Zertifikats auf Wolke sieben, liefert ihnen das handgeschröpf xxx handgeschöpfte Bütten mit einer rudimentären Zeichung doch zumindest eine vage Vorstellung von der Silhouette ihres "alternativen" Porsche. Der fährt, mit Naturstrom "betankt", emissionsfrei. Ach, Du grüne Neune, mögen 911-Fans der alten Schule denken. Zumal es gerade mal sechs Jahre her ist, dass rein elektrisch säuselnde Porsche auf absehbare Zeit ausgeschlossen schienen.
Über die Inhalte der Fächer zwei bis vier wird Automobilwoche ebenfalls berichten.
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