Worum geht es bei der Segula-Übernahme?
PSA-Chef Carlos Tavares plant gemeinsam mit Opel-Markenchef Michael Lohscheller, einen Teil des Opel-Entwicklungszentrums in Rüsselsheim mit seinen derzeit noch rund 7000 Beschäftigten an den französischen Ingenieurdienstleister Segula zu verkaufen. Betroffen von einem Wechsel zu Segula wären rund 2000 Mitarbeiter.
Tavares und Lohscheller argumentieren, dass große Teile der Opel-Entwicklung mit der Übernahme durch PSA und den erheblichen Entwicklungskapazitäten von PSA überflüssig geworden sind. Dies gelte insbesondere für diejenigen Entwicklungsaufträge, die in Rüsselsheim bislang für internationale Aufgaben innerhalb von General Motors erledigt wurden. Mit dem Auslaufen dieser Aufträge bis spätestens Ende 2020 geht diesen Bereichen die Arbeit aus.
Um die Opel-spezifischen Entwicklungsaufgaben in der PSA-Gruppe zu erfüllen, benötigt Opel insbesondere keine eigene Motorenentwicklung mehr, aber auch die Plattform-Entwicklung und zahlreiche weitere Komponenten aus dem Baukasten von PSA müssen von Opel nicht mehr selber entwickelt werden. Damit ist die Opel-Entwicklung nach Ansicht der PSA-Führung deutlich überdimensioniert für die Zukunft.
Ein Teilverkauf an Segula habe den großen Vorteil für die betroffenen Mitarbeiter, dass sie und ihre Mitarbeiter am Standort rund um Rüsselsheim bleiben könnten.
Welche Aufgaben hat die Opel-Entwicklung künftig noch?
Zuständig soll die Opel-Entwicklung nach der Abgabe eines Teils an Segula noch für folgende Aufgaben sein: Innen- und Außendesign für alle künftigen Opel- und Vauxhall-Modelle, konzernweite Zuständigkeit für leichte Nutzfahrzeuge und ebenfalls für eine neue Motorenfamilie. Außerdem wurden Opel noch so genannte 15 "Kompetenzzentren" innerhalb der PSA-Gruppe zugewiesen, unter anderem für die Homologisierung von Fahrzeugen für den amerikanischen und nordamerikanischen Markt. Dort hat Opel durch seine jahrelange Verbindung mit General Motors großes Know-how.
Wer ist Segula Technologies?
Segula Technologies ist ein französisches Großunternehmen mit weltweit 11.000 Mitarbeitern und über 140 Niederlassungen in 28 Ländern. In Deutschland sind die Franzosen aber erst seit Kurzem aktiv und daher noch wenig bekannt.
Im September 2017 schluckte Segula mit Technicon Design ein auf Entwicklungs-, Modellierungs- und Visualisierungsservices spezialisiertes Unternehmen mit Kunden in der Automobilindustrie und weltweit 400 Mitarbeitern. Zudem gilt Technicon als Experte im Bereich der Personalbeschaffung sowie im Styling.
Nur zwei Monate später kündigte Segula die Übernahme von EK Design an. Das Unternehmen mit 400 Mitarbeitern verfügt über Expertise in den Bereichen Fahrzeugtechnik, Motor, Antrieb, Elektrik und Elektronik, Licht sowie Interieur und Exterieur.
Durch die Zukäufe der beiden Unternehmen können die Franzosen in Deutschland auf rund 550 Mitarbeiter zurückgreifen. Im Juni 2018 hatte Segula eine Kooperation für strategische Projekte mit der in München ansässigen ESG Mobility, eine Marke der ESG Elektroniksystem- und Logistik GmbH, angekündigt.
50 Prozent seines Umsatzes erzielt Segula im Automobilsektor. Zu den Kunden in diesem Bereich zählen Audi, BMW, Ford, Mercedes-Benz und Volkswagen sowie weitere Anbieter wie die französischen Autobauer PSA und Renault oder Cherry und Dongfeng aus China. Zudem arbeitet der Entwicklungsdienstleister mit den großen französischen Zulieferern Faurecia und Valeo zusammen.
Neben dem Automobilsektor sind die Franzosen auch in den Bereichen Luftfahrt, Energie, Schiene, Schifffahrt, Pharmazie sowie Öl und Gas aktiv.
Welche Argumente nennt die IG-Metall gegen Segula?
Der Darmstädter IG-Metall-Chef und Opel-Aufsichtsrat Jochen Homburg ist der Ansicht, dass es keine "wirtschaftliche Notwendigkeit" zum Teilverkauf des Opel-Entwicklungszentrums gibt. Darüber hinaus bezweifelt er die Finanzkraft des Dienstleisters für einen solchen Deal an. Zudem fehle Segula in einigen Entwicklungsbereichen die Kompetenz. Insgesamt wirft die Gewerkschaft dem Unternehmen Intransparenz vor.
Nicht zuletzt befürchtet die Gewerkschaft, dass die Mitarbeiter zu einem geringeren Gehalt und schlechteren Konditionen weiterarbeiten müssten. Die Gewerkschaft will deshalb für die zu Segula wechselnden Beschäftigten ein Rückkehrrecht erreichen. Viele Mitarbeiter befürchten, von Segula in eine irgendwann insolvente Abwicklungsgesellschaft abgeschoben zu werden.
Außerdem ist die Gewerkschaft der Ansicht, dass PSA eine Reihe früherer Zusagen im Zusammenhang mit der Opel-Übernahme bislang noch nicht umgesetzt hat, insbesondere wichtige Investitionen zur Standortsicherung.
Was will Segula mit der Teilübernahme der Opel-Entwicklung erreichen?
Segula will nach Angaben seines Deutschlandchefs Martin Lange vor allem die Erfahrung der Ingenieure bei Opel nutzen. Denn erfahrene Entwickler sind knapp; Entwicklungsdienstleister, Hersteller und Zulieferer buhlen alle um die knappen besten Köpfe.
"Wir sind aber auch in anderen Industriesektoren aktiv und wollen die durch Opel gewonnenen Qualifikationen in Deutschland auch außerhalb des Automotive-Umfelds anbieten", sagt Lange. In Frage kämen für diese Opel-Ingenieure Einsätze in den Bereichen Schienenfahrzeugbau und Energietechnik. Segula sieht darin eine interessante Bereicherung der Fachgebiete dieser Mitarbeiter und eine bessere Absicherung gegen konjunkturelle Schwankungen im Automobilbereich.
Besonders interessant an den Opel-Fachleuten sind für Segula nach eigenen Worten die Bereiche Produktentwicklung, Validierung, Test und Vorentwicklung.
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