Eigentlich ist er ein Star, nur hängt er das nicht an die große Glocke, der VW Passat. Kein Mittelklassemodell wurde öfter gebaut, keines wird häufiger von Firmen geordert, keines ist stärker in Fuhrparks zu finden und keines kostet im betreffenden Segment im Unterhalt weniger als der Alleskönner aus Emden. Ein Auto von Profis für Profis, das jetzt für seine Restlaufzeit (bis 2022) noch einmal gezielt überarbeitet wurde. Und gezielt heißt: keine Design-Experimente. Nur ein bisschen Kosmetik an Front und Heck. Dafür aber umso stärker den Fokus legen auf Komfort, Bedienung, Assistenz, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. Schließlich gilt, im härtesten umkämpften Segment die Pole Position zu halten.
Doch müsste Volkswagen schon eine Menge verbocken, als dass der Passat in irgendeiner Weise gefährdet wäre. In Europa fährt der Variant, für den sich 90 Prozent der Kunden entscheiden, in seiner Klasse mit weitem Abstand auf Platz eins (2018: 130.000 Einheiten), vor Audi A4 Avant (90.000) und Mercedes C-Klasse T-Modell (60.000). Volumenmotorisierung – Diesel-Debatte hin, Abgasbetrug her – bleibt der Zweiliter-TDI mit 110 kW (150 PS). Der Grund ist der extrem hohe Anteil gewerblicher Kunden (über 80 Prozent). "Passat-Fahrer sind Vielfahrer", sagt Benjamin Sass vom Produkt-Marketing.
Teilautomatisiertes Fahren auf Level 2
Wenn im Sommer die modellgepflegte Version zu den Händlern geht, bilden insgesamt acht Motoren die Antriebspalette. Bei den Benzinern liegt die Leistungsbreite zwischen 110 kW (150 PS) und 200 kW (272 PS), beim Diesel zwischen 85 kW (116 PS) und 176 kW (239 PS). Als Plug-in-Hybrid bietet Volkswagen den Passat weiterhin unter dem Kürzel GTE an. Hier liegt die Systemleistung wie gehabt bei 160 kW (218 PS). Die elektrische Reichweite wurde allerdings auf 55 Kilometer erhöht, gemessen nach der neuen WLTP-Norm. "Nach NEFZ wären dies rund 70 Kilometer", so Motoren-Entwickler David Schneider. Alle Aggregate erfüllen die Abgasnorm Euro 6d-Temp, der GTE sogar bereits die ab 2020 geltende Euro 6d.
Hohes Augenmerk legten die Entwickler auf die Assistenzsysteme. Sie werden künftig unter der neuen Dachmarke IQ.DRIVE gebündelt. So fährt der Passat als erstes Modell im Volkswagenkonzern mit dem "Travel Assist". In ihm sieht VW "einen Meilenstein auf dem Weg zum autonomen Fahren". Möglich ist teilautomatisiertes Fahren Level 2. Reagierte die automatische Abstandregelung mit der zuvor eingestellten Geschwindigkeit bislang nicht auf Temposchilder, Ortschaften, Kurven, Kreisverkehre und Kreuzungen, beherrscht der Travel Assist all diese Situationen automatisch. Neu ist auch ein Notfall-Assistent, der den Wagen an den Fahrbahnrand dirigiert, stoppt und den Rettungsdienst anruft.
Permanente Internetverbindung
Deutlich komfortabler als zuvor läuft im neuen Passat die Bedienung ab. Fürs Navi sind keine stereotypischen Befehle mehr nötig, es genügt die "normale" Sprache. Aktiviert wird das System mit einem "Hallo Volkswagen". Einzug hält zudem die dritte Generation des Modularen Infotainmentbaukastens. MIB3 ermöglicht unter anderem, das Smartphone kabellos zu integrieren. Durch die im Auto fest installierte SIM-Karte ist der Passat permanent mit dem Internet verbunden und kann so diverse Online-Dienste der digitalen Plattform "Volkswagen We" nutzen sowie Software-Updates über die Cloud empfangen. Paketdienste können zukünftig direkt in den Kofferraum liefern, für beispielsweise Familienmitglieder oder Freunde kann der Wagen per Handy freigeschaltet werden, ohne dass die Personen einen Schlüssel zum Fahren benötigen.
Aufgrund des hohen Flotten- und Firmenanteils bei den Passat-Bestellungen entschieden sich die Marketing-Strategen bei VW dazu, die bisherigen Ausstattungslinien "Trendline", "Comfortline" und "Highline" abzuschaffen und durch "Passat", "Business" und "Exclusive" zu ersetzen. Preislich will man sich am jetzigen Niveau orientieren, das wären rund 32.000 Euro für die Basislimousine, 33.000 Euro für den Variant.
Produktion wird nicht eingestellt
Spekulationen, die Produktion des Passat würde 2022 mit dem Ende dieser Generation (B8) eingestellt – vereinzelte Medien berichteten darüber –, hat Volkswagen bei der Vorstellung des modellgepflegten Modells in Hamburg erneut verneint. "Zu groß sei das europäische Absatzvolumen, als dass dieses von Elektrofahrzeugen der Marke I.D. voll kompensiert werden könne", hieß es von offizieller Seite. Das Werk Emden, in dem derzeit der Passat für Europa jährlich rund 230.000 Mal vom Band läuft, soll ab 2022 auf die Produktion von E-Modellen umgerüstet werden.
In den USA fertigt Volkswagen für den amerikanischen Markt den Passat in Chattanooga etwa 80.000 Mal (nur Limousine). Gut eine halbe Million Exemplare (ebenfalls nur Limousinen) werden jedes Jahr in China produziert, als Magotan zusammen mit FAW in Changchun und als Passat im Joint Venture mit SAIC in Nanjing. Beide Modelle sind ausschließlich für den chinesischen Markt bestimmt.
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