In Deutschland werden in diesem Jahr nach einer Branchenprognose weniger Autos verkauft als 2017. Voraussichtlich rund 3,4 Neuzulassungen bis Jahresende entsprächen einem Minus von etwa einem Prozent, wie der Verband der Deutschen Automobilindustrie am Mittwoch mitteilte. Präsident Bernhard Mattes verwies darauf, dass das Vorjahr jedoch sehr stark gewesen sei.
"Die Entwicklung des deutschen Pkw-Marktes 2018 ist erfreulich", hob Mattes hervor. "Er hat sich allen Widrigkeiten zum Trotz als sehr robust erwiesen." Eigentlich hatte der Verband mit 3,5 Millionen Neuzulassungen gerechnet.
Probleme machte in diesem Jahr ein neuer Abgasprüfstandard, der seit September gilt. Die Hersteller besaßen noch nicht für alle Modelle die Genehmigung und mussten ihre Produktion drosseln.
Der Pkw-Weltmarkt spüre den Gegenwind, der durch den Handelskonflikt zwischen den USA und China ausgelöst wurde. So ist der Export deutscher Pkw-Hersteller aus den USA nach China in den ersten zehn Monaten um ein Drittel zurückgegangen. Der chinesische Pkw-Markt ist seit Monaten rückläufig. "Wir gehen davon aus, dass der Pkw-Weltmarkt im Gesamtjahr 2018 etwa 85 Millionen Fahrzeuge umfassen wird", so Mattes. Das entspricht dem Vorjahresniveau. 2019 erwartet der VDA ein leichtes Plus auf 85,9 Millionen Neuwagen (+1 Prozent).
Für Europa werde ein kleines Plus (+1 Prozent) auf 15,8 Millionen erwartet. Hier bremst vor allem Großbritannien. Frankreich und Spanien hingegen wachsen, Italien wird etwas schwächer. Für 2019 erwartet der VDA, dass Europa sein Absatzniveau halten wird (15,8 Mio.). Der US-Markt bleibt auch 2018 auf hohem Niveau (17,2 Millionen Light Vehicles). "Wir erwarten ein ähnlich hohes Volumen für 2019", so Mattes.
China lege "eine Wachstumspause" ein. Für das Gesamtjahr 2018 erwartet der VDA einen leichten Rückgang von 1 Prozent auf 23,9 Millionen Fahrzeuge. Die deutschen Hersteller, vor allem die Premiummarken, konnten ihre Marktanteile in China gegen den Trend steigern - auf 22 Prozent.
2019 bleibe der chinesische Markt volatil, so Mattes: "Wir gehen von einem leichten Wachstum auf 24,4 Mio. Einheiten aus (+2 Prozent)."
"Wachstumsdynamik kombiniert mit Umwelt- und Klimaschutz"
"Diese Wachstumsdynamik muss kombiniert werden mit Umwelt- und Klimaschutz", betonte der VDA-Präsident. "Das heißt für die Automobilindustrie: Mehr Mobilität mit weniger Emissionen, mehr Wachstum mit weniger Ressourcenverbrauch – eine echte Herausforderung!" Mattes sieht die deutsche Automobilindustrie dabei in der Pole-Position. Sie wende weltweit die höchsten Forschungsinvestitionen auf.
Die CO2-Ziel der EU für 2020/2021 seien "sehr ambitioniert". Es handele sich weltweit um das anspruchsvollste, verglichen mit China, Japan oder den USA.
Europa diskutiert bereits die CO2-Ziele für Pkw bis 2030. Mattes dazu: "35 oder gar 40 Prozent sind unrealistisch hoch. Da wird der Bogen überspannt"
Noch kritischer sehe man die Vorschläge des Europa-Parlaments bei schweren Nutzfahrzeugen (minus 35 Prozent bis 2030, minus 20 Prozent bis 2025). "Diese Zielgrößen sind technologisch und wirtschaftlich in der vorgegebenen Zeit nicht umsetzbar", sagte Mattes.
Er nannte die Strafandrohung von 5000 Euro für jedes überschrittene Gramm "unverhältnismäßig hoch" und warnte: "Diese Vorgaben können für einzelne Nutzfahrzeughersteller sogar zur Existenzbedrohung werden".
40 Milliarden Euro für alternative Antriebe
Mattes rühmt die Vorleistungen der deutschen Automobilindustrie für das Zeitalter der E-Mobilität. Die deutschen Hersteller verdreifachten in den kommenden drei Jahren ihr Angebot an E-Modellen auf 100. Sie investierten bis dahin 40 Milliarden Euro in alternative Antriebe. Er betonte: "Jedes dritte Patent im Bereich Elektromobilität und Hybridantrieb kommt aus Deutschland."
Die Ladeinfrastruktur für E-Autos müsse jedoch dringend ausgebaut werden. Derzeit hat Deutschland 13.500 öffentlich zugängliche Ladepunkte, 900 davon sind Schnellladepunkte. Zum Vergleich: In Oslo teilen sich 450 Einwohner eine Ladestation, in Berlin sind es zehn Mal so viele (4500). "Damit elektrisches Laden selbstverständlich wird, müssen auch das Bauordnungs-, Miet- und Eigentumsrecht angepasst werden", so der VDA-Präsident.
Die Zukunft der Autoindustrie sei aber nicht nur elektrisch, sondern auch digital. Die weltweiten Patentanmeldungen zum vernetzten und automatisierten Fahren zeigten: Über die Hälfte der der Patente stamme von deutschen Hersteller und Zulieferern. "International ist das Platz 1", so Mattes.
Noch fehle allerdings eine leistungsfähige digitale Infrastruktur – also flächendeckendes 4G und 5G entlang der Landes- und Bundesstraßen, der Autobahnen sowie in Industrieregionen.
"Auf der Zielgeraden"
In der Debatte um saubere Luft in den Städten sagte Mattes: "Die Marktdurchdringung mit neuesten, sauberen Pkw kommt (...) zügig voran. Wir sind auf der Zielgeraden bei der Lösung des Problems." Er nannte die deutsche Automobilindustrie zudem einen "verantwortungsvollen und starken Arbeitgeber".
Hersteller und Zulieferer leisteten einen maßgeblichen Beitrag zu Wohlstand und sozialer Sicherheit. Die Zukunftsgestaltung Hunderttausender Arbeitsplätze in Deutschland und die Sicherung deutscher Standortkapazitäten könne aber nur gemeinsam mit Politik und Gewerkschaften gelingen.
Der VDA-Präsident betonte jedoch auch: "Wir wissen, dass die Automobilindustrie Glaubwürdigkeit zurückgewinnen muss. Wir wollen weiter dazu beitragen, neues Vertrauen aufzubauen. Das geht nicht von heute auf morgen, wird aber mit langem Atem gelingen (...)". (Mit Material von dpa)
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