Volkswagen tritt bei der Aufarbeitung des Dieselskandals in eine "heiße Phase", wie Hiltrud Werner, Vorständin für Integrität und Recht des VW-Konzerns, beim Automobilwoche Kongress sagte. Im kommenden Jahr würde getestet, ob die entwickelten Programme zur Verhinderung weiterer Compliance-Verstöße wirksam sind und von den Mitarbeitern umgesetzt werden. Der per Video-Botschaft zugeschaltete amerikanische VW-Monitor Larry Thompson sprach in diesem Zusammenhang sinnbildlich davon, dass VW nun das Testauto auf die Strecke setze. Thompson sagte, er sehe Fortschritte, er und sein Team hätten aber auch noch sehr viel Arbeit vor sich. Volkswagen sei eine Ikone und "eines der wichtigsten Unternehmen", so Thompson.
Werner beschrieb den Monitor, als „Teil des Veränderungprozesses und Teil der Lösung zur Aufarbeitung des Dieselskandals“. Sie sei mit ihrem Team dabei, das Unternehmen in seinem Bewusstsein zu verändern. Vertrauen, Aufrichtigkeit und nachvollziehbare Prozesse seien dafür wesentlich. Man habe von Anfang an die „Reduktion von Machtdistanz auf die Agenda gesetzt.“ Volkswagen wolle Vorbild im Umgang mit der Umwelt werden. 16 Konzerninitiativen zu Integrität und Compliance gebe es bereits.
„Menschen verändern sich nur, wenn sie sich dafür begeistern können oder einem größeren Übel dadurch aus dem Weg gehen können“, so Werner in Berlin. Das betrifft sowohl die Mitarbeiter als auch den Vorstand. „Der Vorstand soll sich selbst regelmäßig zu Compliance-Themen schulen lassen. Das machen wir mit externen Experten“, so Werner.
Diess unterstützt die Aufarbeitung
Man müssen die Themen wie ein Mantra immer wieder wiederholen. „Ich wache jeden morgen auf und habe großen Respekt vor der Aufgabe, die ich ausfülle. Aber es macht auch Spaß, weil ich Fortschritte sehe“, sagte die Vorständin. In der Personalarbeit brauche es neue Ansätze. „Wir dürfen nicht nur den Manager mit den besten Zahlen befördern, wir müssen auch auf das Verhalten schauen.“
Im internen Hinweisgebersystem der Wolfsburger seien bislang rund 900 Fälle eingegangen, davon 30 schwerwiegende. Mitarbeiter, die Probleme melden, müssten mit Wertschätzung behandelt werden und dürfte keine Nachteile erfahren. Die Unternehmensführung müsse dabei Vorbild sein:
„Das Verhalten des Vorstandsvorsitzenden ist maßgeblich dafür, ob die Programme in der Mannschaft mit Herzblut ausgeführt werden“, sagte Werner. VW-Konzernchef Herbet Diess stehe allerdings voll hinter der Aufarbeitung. Bei einem zweitägigem Management-Meeting wurde ein Tag nur für Themen zu Compliance und Veränderungsprozessen verwendet. Auch Thompson hat dabei laut Werner zu den 400 Managern gesprochen.
Die zweite Frau als Compliance-Vorstand
Nach Ausbruch des Dieselskandals hatte Volkswagen im Herbst 2015 angekündigt, ein Vorstandsressort für „Integrität und Recht“ zu schaffen, als „ein klares Zeichen dafür dass diese Themen einen extrem hohen Stellenwert besitzen“. Die ehemalige Verfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt wurde damit betraut, trat aber Anfang 2017 – mit goldenem Handschlag – zurück.
Auf Hohmann-Dennhardt folgte Werner. Sie hat in Halle das Fach „Mathematische Methoden und Datenverarbeitung in der Wirtschaft“ studiert und danach bei einer IT-Firma in München gearbeitet. Danach folgten Stationen bei BMW, MAN und dem Zulieferer ZF.
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