„Die Automobilindustrie ist noch einmal spannender geworden“, erklärte Detlev Mohr, Senior-Partner McKinsey, auf seinem Impulsvortrag auf dem Automobilwoche Kongress in Berlin, beim dem fünf Start-ups ihre Ideen präsentierten.
Mohr ist jedenfalls davon überzeugt, dass die Automobilindustrie noch eine goldene Zukunft vor sich hat, „vielleicht nicht als Auto-, sondern als Mobilitätsindustrie“. Zudem ist er sicher, dass auch 2030 noch sehr viele Autos verkauft werden. Ein „nicht unwesentlicher Teil der Umsätze“ werde dabei aus der sogenannten Shared Mobility kommen.
Chinesen vor allem an Mobilität interessiert
Die Richtung vor geben dabei sogenannte Early Adopter. Das sind junge, technologieorientierte Stadtbewohner, wie sie etwa in Singapur oder Peking anzutreffen sind. Laut einer Untersuchung der Unternehmensberatung würde weltweit jeder zweite Autofahrer auf autonomous shared mobility umsteigen. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Vier von fünf Chinesen denken heute weniger an Autos als an Mobilität. Nach Berechnung von McKinsey wurden 2017 insgesamt 54 Milliarden Dollar in Mobilitäts-Start-ups investiert, davon nur sechs Prozent aus der Autoindustrie.
Eines der Start-ups in Berlin ist Blickfeld, das Lidar-Sensoren für die Umfelderfassung entwickelt und produziert. Diese Sensoren sollen vor allem von Autoherstellern eingesetzt werden, um hochautomatisierte und autonome Autos zu entwickeln. Zudem sollen die Sensoren auch in der Robotik zum Einsatz kommen.
Kostengünstiger Sensor
Blickfeld hat dafür einen eigenen Sensor entwickelt und die Technologie patentiert. Das Einzigartige sei, dass der von Blickfeld entwickelte Lidar im Vergleich zu anderen Lidar-Sensoren sehr kostengünstig sei, weil er aus einem Standard-Laser von der Stange bestehe der weniger als zehn Euro kostet. Florian Petit, einer der Gründer von Blickfeld aus München, ist überzeugt: „Wir haben ein Kernelement des Lidars neu erfunden.“ Die heutigen Lidars seien zu komplex. Gedacht ist die Entwicklung für Fahrzeuge ab Level 3. Die Kosten für das Modul sollen im dreistelligen Bereich liegen.
Das US-Unternehmen Cellcontrol hat eine App entwickelt, die andere Apps auf dem Smartphone ausschalten kann. Dadurch sollen Unfälle vermieden werden, da die Autofahrer häufig durch ihr Smartphones abgelenkt sind und Unfälle verursachen, erklärt CEO Joe Boyle. Mit Cellcontrol lassen sich so andere vorher festgelegte Apps des Smartphones unter Kontrolle halten. So können Eltern beispielsweise sicherstellen, dass das Kind als Fahranfänger keine Chatdienste und sozialen Medien besuchen kann, sobald sich das Fahrzeug in Bewegung setzt.
Revolution im Lastwagenmarkt
Bislang ist Cellcontrol in Nordamerika, Australien, Irland und England unterwegs. Nach eigenen Angaben hat das Start-up 100.000 Kunden. Dazu gehören sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen.
Das Start-up Einride will wiederum den Lastwagenmarkt mit elektrischen, autonomen Trucks revolutionieren. Die Entwickler um Einride-Gründer Robert Falck haben mit dem T-Pod einen Lastwagen entwickelt, der elektrisch und autonom fährt. Der futuristische Lastwagen hat eine Reichweite von rund 200 Kilometern und soll im Pendel- und lokalen Warenverkehr eingesetzt werden.
2020 sollen 200 der Lastwagen auf den Straßen fahren. Doch bauen will das Unternehmen die Fahrzeuge nicht selbst. „Wir sind keine Hardware-Company“, so Gründer Robert Falck. Er sucht Partner um die Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. Mit der Deutsche-Bahn-Tochter DB Schenker in Schweden wird ebenso ein Pilotprojekt unterhalten wie mit dem Discounter Lidl.
Bislang 78 Ladestationen installiert
Das Amsterdamer Start-up Fastned baut Schnelladestationen, an denen Elektroautos mit Strom aus Sonnen- und Windenergie aufgeladen werden. Bislang stehen die Ladestationen von Fastned fast alle in den Niederlanden. Derzeit hat das Unternehmen laut Gründer Michiel Langezaal 78 Stationen. 1000 sollen es einmal europaweit werden. Zwei Ladestationen gibt es auch in Deutschland. An der A3 in Limburg an der Lahn und in Paderborn. Laut Fastned können Autofahrer ihre Fahrzeuge über 100 Mal schneller laden als zu Hause. Bis Ende 2018 sollen 17 Stationen in Deutschland stehen, 400 sollen es hierzulande einmal werden. Einige der Stationen haben 50 bis 100 Fahrzeuge pro Tag die geladen werden.
Das Unternehmen wächst schnell. Laut Langezaal um rund zehn Prozent pro Monat.
Pace Big Data Cloud als Basis
Neben der Connected Car Nachrüstlösung Pace Link bietet das Start-up Pace Telematics eine Vielzahl sogenannter Microservices rund um das vernetzte Fahrzeug an. Diese basieren auf der Pace Big Data Cloud, die als Softwaremodule lizenziert werden können. Einer der Kunden ist der Zulieferer Eberspächer. Mit der Lösung ermöglicht das Start-up dem Zulieferer die eigenen Produkte wie beispielsweise Standheizungen und Klimaanlagen miteinander und mit anderen Komponenten im Fahrzeug zu vernetzen.
Seit 2018 wird Pace von den ersten Herstellern direkt in die Steuergeräte ihrer Autos integriert und benötigt somit keine OBD II Schnittstelle mehr. Noch dieses Jahr starten die Smartcar-Experten das so genannte "Connected Fueling" und "Connected Parking", bei dem Pace-Kunden in Zukunft bargeldlos tanken und parken können, wie Gründer Martin Kern erklärt.
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