Ein Plus von 493,5 Prozent – das ist schon eine Ansage. So stark legten die Neuzulassungen von Erdgasautos zuletzt zu. Das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg verzeichnete in den ersten acht Monaten dieses Jahres in Deutschland 9893 neue Erdgas-Pkw – im Vergleichszeitraum des Vorjahrs waren es 1667. Ganz offensichtlich gewinnt da ein Treibstoff an Kraft, der jahrelang ein Nischendasein fristete.
Nun sind knapp 10.000 Neuzulassungen binnen acht Monaten natürlich noch eine überschaubare Größenordnung. Doch unverkennbar tut sich etwas auf dem Markt der Erdgasautos. „Die Fortführung der Energiesteuerermäßigung, der Abgasskandal sowie das erweiterte CNG-Fahrzeugangebot sind die wesentlichen Impulse für den aktuellen CNG-Absatztrend“, sagt Kristina Haverkamp, Geschäftsführerin der Deutschen Energie-Agentur (dena). Das sei durchaus erfreulich, denn „in Deutschland fahren Erdgasfahrzeuge besonders CO2-arm, weil rund 15 Prozent des verkauften CNG aus Biomethan besteht.“
„Wir bauen das Angebot an CNG-Fahrzeugen weiterhin aus – sowohl bei der Marke Volkswagen als auch im Volkswagen-Konzern. Beste Beispiele sind der neue Polo TGI, der neue Golf TGI und der neue Seat Arona TGI als erstes CNG-SUV überhaupt, die alle zum Jahresende bestellbar sind“, sagt Stephen Neumann, Konzernbeauftragter für Erdgasmobilität in Wolfsburg. Der VW Golf TGI soll einen neuen, erst kürzlich auf dem Motorensymposium in Wien vorgestellten 1,5-Liter-TGI-Motor erhalten, der 130 PS leistet und – auf Benzin umgerechnet – 5,1 Liter je 100 Kilometer verbraucht. Allerdings ist wohl auch VW überrascht vom plötzlichen Ansturm, sodass Neumann einräumen muss: „Aktuell sind unsere CNG-Modelle der Marken VW, Škoda, Seat und Audi europaweit leider ausverkauft.“
Das liegt wohl auch daran, dass dem Erdgasantrieb bislang viel zu wenig Beachtung geschenkt wurde. Dabei bietet der Treibstoff alle Voraussetzungen, um sich etwa als Diesel-Ersatz zu etablieren.
Psychologischer Vorteil
Audi-Technikvorstand Peter Mertens (Anm. d. Red. Zu diesem Zeitpunkt noch im Amt): „Unser g-tron-Antrieb ist der aktuell sauberste Verbrennungsmotor in unserem Portfolio.“ Die Technik könnte also auch helfen, die drohenden Strafzahlungen wegen Überschreitung des CO2-Flottenausstoßes wenn nicht zu verhindern, so doch zumindest zu minimieren.
Auch die Erdgas-Infrastruktur ist – anders als etwa das Ladenetz für die Elektromobilität – vergleichsweise gut ausgebaut. Das gilt für Europa insgesamt und auch für Deutschland, wo es aktuell etwa 900 CNG-Tankstellen gibt. Audi-Vorstand Mertens ist optimistisch, dass die flächendeckende Erdgasversorgung hierzulande in absehbarer Zeit noch deutlich besser wird. „Gemeinsam mit dem VW-Konzern, mit Tankstellenbetreibern und Gasnetzanbietern arbeiten wir daran, diese in den kommenden Jahren mehr als zu verdoppeln.“
Autos mit Erdgasantrieb – und auch solche, die mit Flüssiggas (LPG) fahren – haben neben den geringeren Kraftstoffkosten, den niedrigeren Emissionen und dem vergleichsweise geringen Verbrauch einen weiteren Vorteil. Er ist eher psychologischer Art und lässt die Hemmschwelle, ein CNG-Auto zu fahren, sinken. Denn anders als etwa Elektrofahrzeuge sind CNG-Autos im Prinzip jedem Autofahrer vertraut. Der Tankvorgang ist nahezu identisch mit dem eines Benzin- oder Dieselfahrzeugs, und er dauert auch in etwa so lange.
Zentral ist jedoch der ökologische Vorteil. Alternative Fahrzeuge mit Hybrid- oder Elektroantrieb seien emissionsintensiver als CNG-Fahrzeuge, wenn man die Vorkettenemissionen berücksichtige, sagt Timm Kehler, Geschäftsführer der Initiative Zukunft Erdgas. „Wir setzen uns für einen Ansatz ein, der alle Emissionen eines Fahrzeugs beachtet. Denn bei einer solchen Betrachtung liegen Gasfahrzeuge klar vorn.“
Lesen Sie auch:
Für wen sich Auto- und Erdgasfahrzeuge lohnen
Aus dem Datencenter:
Monatliche Neuzulassungen von Erdgasfahrzeugen in Deutschland 2017