Nach der Verhaftung von Audi-Chef Rupert Stadler soll der bislang unbelastete Vertriebschef Bram Schot vorerst an die Spitze des Autobauers aufrücken. Der Audi-Aufsichtsrat muss der Personalie noch formal zustimmen, wie die Deutsche Presse-Agentur am Montag von mit der Angelegenheit vertrauten Personen erfuhr. Zunächst hatten Handelsblatt und BILD-Zeitung über die Personalie berichtet. Wie die BILD darüberhinaus berichtet, solle Stadler vom Aufsichtsratz offiziell beurlaubt werden.
Der in den Niederlanden geborene Manager Bram Schot ist seit September vergangenen Jahres bei Audi. Lesen Sie dazu: Audis Interimschef im Porträt: Wer ist Bram Schot?
Mit Stadler war zum ersten Mal in der Dieselaffäre ein Unternehmenslenker verhaftet worden. Die Staatsanwaltschaft München wirft ihm Betrug vor und erwirkte am Montag einen Haftbefehl wegen Verdunkelungsgefahr. In Wolfsburg trat am Mittag der VW-Aufsichtsrat zusammen, um über die neue Lage und die Konsequenzen zu beraten. (Lesen Sie hier: Presseschau zum Fall Stadler: "Das Ergebnis ist ein Scherbenhaufen"
Nach den neuen Vorwürfen gegen Stadler sehe sich der Aufsichtsrat gezwungen, einen Nachfolger zu berufen, hieß es. Schot sei der ideale Kandidat dafür.
Ob Stadler jemals wieder auf seinen Posten zurückkehrt, ist offen. Wie der Fall des in Haft befindlichen Ex-Porsche-Entwicklungschefs und Audi-Motorenentwickler Wolfgang Hatz zeigt, kann sich das juristische Verfahren in die Länge ziehen. Hatz sitzt seit September 2017 in München in Untersuchungshaft. Bisher hatte sich Stadler auf die Unterstützung der Eigentümer-Familien Porsche und Piech verlassen können. "Es gilt aber auch, dass diese Zusage überprüft werden muss, wenn sich neue Fakten ergeben", sagte ein Insider der Automobilwoche kurz vor Durchsickern der Personalie Schot.
Stadlers Vernehmung frühestens Mittwoch
Stadler sei am Montagvormittag an seinem Wohnort festgenommen und dann der Ermittlungsrichterin vorgeführt worden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in München. Stadler habe noch keine Angaben zur Sache gemacht. Er wolle sich aber äußern, nachdem er mit seinem Verteidiger gesprochen habe, sagte der Staatsanwalt. (Lesen Sie auch: Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Fall Stadler)
Der Verteidiger nehme jetzt Akteneinsicht und wolle am Dienstag mit Stadler darüber sprechen, so dass die Vernehmungen frühestens ab Mittwoch beginnen sollten. Wo der Manager einsitzt, sagte der Staatsanwalt nicht.
Gegen Stadler waren in der Vergangenheit schon mehrfach Rücktrittsforderungen laut geworden, auch Namen möglicher Nachfolger waren schon im Gespräch. Mit Schot, der mit vollem Vornamen Abraham heißt, übernimmt in Ingolstadt nun ein Manager mit vergleichsweise wenig Audi-Stallgeruch. Der heute 56-Jährige war 2011 von Daimler in den VW-Konzern gewechselt und dort rund fünf Jahre Vertriebschef bei den VW-Nutzfahrzeugen.
Hintergrund:
Audi soll in den USA und Europa von 2009 an rund 220.000 Dieselautos mit Schummelsoftware verkauft haben. Seit Ende 2015 hatten zwei Audi-Entwicklungsvorstände und vier weiter Audi-Vorstände ihren Hut nehmen müssen. Wegen der Abgastricksereien hatte Audi bereits 2,25 Milliarden Euro zurückstellen müssen. (Mit Material von dpa)
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