Der überraschende Abschied von VW-Chef Matthias Müller ist Thema in den Kommentarspalten der Wirtschaftspresse. Schwerpunkte sind die Spekulationen um die Gründe für den Wechsel an der Spitze sowie eine Beurteilung von Müllers Leistung.
"An einem Punkt ist Matthias Müller allerdings gescheitert. Oder anders formuliert: Die ökonomische Stabilisierung ist eben nicht alles. Müller ist vor gut zwei Jahren auch mit der Vorgabe angetreten, dass er in Wolfsburg und im gesamten Konzern für einen Kulturwandel sorgen wollte" schreibt das "Handelsblatt". Ein wahrer Neubeginn, resümiert das Blatt, "kann nur mit jemanden gelingen, der nicht aus der alten Volkswagen-Welt stammt und der von außen kommt." Zudem habe Müller "PR-Pannen in Serie" produziert.
Die "FAZ" berichtet, der wahrscheinliche Nachfolger Herbert Diess habe "seit Monaten auf jede erdenkliche Weise" an Müllers Stuhl gesägt. Allerdings müsse man, hieß es weiter, "Müller keine Träne nachweinen, für dessen Altersabsicherung ebenfalls gesorgt ist und der im Dieselskandal oft ungeschickt agierte." Man könne ihm aber nicht absprechen, "den wankenden Konzern gradlinig auf die Erfolgsspur zurückgeführt zu haben."
"Wie eine zerrüttete Ehe"
Der "Welt" zufolge wird Müller abgelöst, "weil er mit seinen lockeren Sprüchen Aufseher, Politik und Öffentlichkeit verprellt hatte." Der Konzernchef habe "selten einen Fettnapf ausgelassen". Darüber habe sich der Aufsichtsrat zunehmend geärgert. Zudem habe man bei Müller eine "gewisse Müdigkeit" festgestellt. Er habe keine Lust mehr gehabt, "den Kopf für Verfehlungen anderer hinzuhalten". Fazit: "Mit Müller geht ein Rock 'n' Roller. Ein besessener Arbeiter, der die Schmach der Dieselkrise nicht ungeschehen machen konnte und dennoch Freude hatte als oberster Sisyphos von Wolfsburg."
Der Spiegel kommentiert, am Ende habe sich die Beziehung angefühlt "wie eine zerrüttete Ehe". So richtig überzeugt sei zuletzt niemand mehr gewesen. Das Magazin will eine "Dünnhäutigkeit" des Managers festgestellt haben.
Unsere Schwesterzeitung "Automotive News" konstatiert Müller habe das Unternehmen gerettet – "aber das war nicht genug, um ihn auf seinem Posten zu halten".
Die "Süddeutsche Zeitung macht es kurz: "Gescheitert durch Lug, Trug und Größenwahn".
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