Die breit diskutierte Fertigung von Batteriezellen für Elektroautos bei VW oder im Rahmen eines Industriekonsortiums könnte nach einem Wechsel an der Wolfsburger Konzernspitze zusätzlichen Schwung erhalten. "Herbert Diess ist ein nochmals stärkerer Verfechter der E-Mobilität als selbst der späte Matthias Müller", sagte eine VW-Führungskraft im Gespräch mit Automobilwoche. Ein anderer Manager des Weltmarktführers betonte in einem Telefonat: "Mit der eigenen Herstellung von Batteriezellen im großen Maßstab könnten wir ein weiteres deutliches Zeichen dafür setzen, dass wir es rundum ernst meinen mit Stromern und Hybriden".
VW-Markenchef Herbert Diess war schon in seiner früheren Zeit als BMW-Vorstand ein Apologet rein elektrischer sowie teilweise elektrifizierter Antriebsstränge. VW-Konzernchef Matthias Müller hingegen hatte sich in seinem Ex-Amt als Porsche-Lenker eher skeptisch über E-Fahrzeuge geäußert und seine Haltung hierzu später revidiert. VW treibt am Standort Salzgitter ein Pilotprojekt zur Produktion von Batteriezellen voran.
Die Planung pressiert
Im Interview mit Automobilwoche hatte Diess im September 2017 wissen lassen: "Für uns kommt es darauf an, Kompetenz in der Batterietechnologie aufzubauen. Batterien werden mit ihrer Reichweite, Haltbarkeit und Steuerungselektronik ein entscheidender Differenzierungsfaktor der Fahrzeuge sein. Daher müssen wir ihre Komponenten und Fertigungsprozesse verstehen. Heute arbeiten wir mit den besten Batterieherstellern der Welt in Korea, Japan und China zusammen und bauen ein eigenes Kompetenzzentrum in Salzgitter auf".
Diess sagte damals weiter: "Grundsätzlich meine ich, dass wir auch in Deutschland und Europa eine eigene Zell- und Batterieproduktion aufbauen sollten. Ob VW selbst in die Produktion von Batteriezellen investiert, wird die Zeit zeigen". Einige Woche später antwortete Diess auf Anfrage von Automobilwoche, im wäre "wohler", wenn es auch einen europäischen Wettbewerber der etablierten Zellen-Lieferanten geben würde. Die Führungskraft weiter: "Es tut mir leid, dass wir Europäer hier so lange brauchen". Von wenigen Ausnahmen abgesehen, etwa dem Hochziehen kleinerer Batterie-Werke im deutschen Nachbarland Polen oder in Ungarn, sei dabei eine "gewisse Leere" auszumachen.
Brandschutz im Blick
Besonders aufmerksam wird man im Hause Continental zu Hannover die Entwicklung bei VW in Wolfsburg verfolgen. Der Autozulieferer zieht den Aufbau einer Akku-Fertigung für künftige Elektrofahrzeuge in Betracht. "Wir können uns gut vorstellen, in die Herstellung innovativer Batterien einzusteigen", hatte Contis Vorstandschef Elmar Degenhart in der Automobilwoche angekündigt – und ausdrücklich hinzugefügt: "Dies gilt auch für die Produktion der Batteriezellen."
Conti-Wettbewerber Bosch hingegen hat ähnliche Überlegungen jüngst zurückgestellt. Auf europäischer Ebene mehren sich derweil die Stimmen für den grenzüberschreitenden Aufbau einer Fertigung von Batteriezellen für die Schlüsselindustrie "Automotive". Auch VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh sieht in der Zellen-Produktion einen wesentlichen Bestandteil künftiger Wertschöpfungsketten. Conti-Vormann Degenhart hofft auf eine neue Generation sogenannter Solid-State-Batterien. Der Topmanager: "Solche Festkörperzellen kommen ohne flüssigen Elektrolyt aus und sind somit nur schwer entflammbar." Um im Falle der Entscheidung für eine Zellenfertigung die absehbar enorme Kostenlast zu verteilen, so Degenhart, "würden wir ein Konsortium anstreben" .
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