„Integrated Industry – Connect & Collaborate“ hat die Hannover Messe für 2018 zum Leitthema erhoben und damit genau jene Schlagworte gewählt, die auch die Automobilindustrie umtreiben. Neben diesen weitgehend neuen Bereichen, sind auf der Messe aber auch Klassiker wie die Themen Werkstoffe und Leichtbau umfangreich vertreten. Und mit Mexiko hat die Schau vom 23. bis 27. April einen Staat zum Partnerland erkoren, der gerade als Produktionsstandort für Automobilhersteller und -zulieferer sehr interessant ist.
„Automobilindustrie und Maschinenbau aus Deutschland stehen gemeinsam für höchste Wettbewerbsfähigkeit und bilden ein starkes Innovatationsnetzwerk. Der Maschinen- und Anlagenbau steht als Enabler mit seinen Produktionstechnologien dafür ein, dass Ideen rund um die Zukunft der Mobilität Realität werden“, so unterstreicht Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA das enge Verhältnis beider Industriebereiche.
Ein zentrales Thema der Automobilproduktion ist – wie im Automobil selbst – die Vernetzung. Verbunden werden (sollen) Maschinen, Werkzeuge, Sensoren, Hersteller, Zulieferer, Logistiker – eigentlich alles. Ein Schlagwort lautet hier Plattformökonomie. Über Cloudplattformen werden Daten ausgetauscht und neue Dienste ermöglicht. Hier stehen einige Treiber aus verschiedenen Branchen in Konkurrenz. So bieten in Messehalle 7 die IT-Schwergewichte Microsoft Azure, Cisco, SAP und IBM ihre Plattformdienste an. Amazon Web Services, Deutsche Telekom und EdgeX Foundry präsentieren sich in Halle 6. In Halle 8 geht die Trumpf-Tochter Axoom an den Start. Auch diverse Aussteller der Teilmesse IAMD bringen eigene Plattformen mit: In Halle 9 werben sowohl B&R mit der Orange Box als auch Siemens mit dem cloudbasierten offenen IoT-Betriebssystem MindSphere um Kunden.
Individuelle Massenfertigung
Axoom stellt Maschinenherstellern und Fertigungsunternehmen seit 2015 eine cloudbasierte Plattform zur Verfügung, um neue Geschäftsmodelle und „individuelle Massenfertigung“ zu ermöglichen. Dazu bietet Axoom eine „offene digitale Geschäftsplattform, die entlang der Wertschöpfungskette im Rahmen von Industrie 4.0 die Zukunft der Produktion gestalten will“. Im Mittelpunkt stehe dabei „die übergreifende Vernetzung von Maschinen, Software und Prozessen mit dem Menschen als entscheidendem Faktor“.
In guter Position auf dem wachsenden Plattform-Markt sieht sich Amazon Web Services (AWS). In Halle 6 breitet das Unternehmen seine mehr als 100 Produkte umfassende Palette von Cloud-Services und Software aus. „Unsere Messe-Präsenz wird stark an konkreten industriellen Applikationen und Anwendungsbeispielen orientiert sein“, erklärt Jan Metzner, Solutions Architect für IoT bei AWS in EMEA. Unter anderem wird in einem Technologiedemonstrator anhand eines Industrieprozesses in der Automobilglasproduktion gezeigt, wie Industrieroboter mit AWS-Edge-Technologie gesteuert werden.
Anlagenbauer stellen Software in den Fokus
Dafür dass Software und Steuerungen in den Vordergrund rücken mag auch ein Beispiel sein, dass beispielsweise der große Anlagenhersteller Dürr sich auf der Messe lediglich als Mitaussteller auf dem Verbundstand der Smart Electronic Factory (SEF) in Halle 7, präsentiert – und den Auftritt allein dem Manufacturing Execution System iTAC.MES.Suite des vor Jahren von Dürr gekauften Unternehmens iTAC widmet. Ebenfalls in Halle 7 konzentriert sich der Wettbewerber Eisenmann mit seinem Softwareunternehmen Enisco auf die Softwaremodule der intelligenten Produktion von morgen. Das System erlaubt eine dynamische Produktionsplanung und eine intelligente Produktionssteuerung.
Am Beispiel von Predictive Maintenance, Energiedatenmanagement und Ressourcenoptimierung demonstriert Siemens in Halle 9, wozu sein cloudbasiertes offenes IoT-Betriebssystem MindSphere fähig ist. Deren Entwicklungsumgebung setzt auf offene Schnittstellen und übergreifende Standards der Machine-to-Machine-Kommunikation wie OPC UA, sodass Anwenderunternehmen eigene Applikationen oder Services passgenau aufsetzen und Maschinenbauer neue Geschäftsmodelle etablieren können. Die Maschinenkommunikation ist generell ein Thema; so haben Hersteller viele ihrer Maschinen OPC-UA-fähig gemacht, um sie vernetzen zu können.
Mensch und Roboter kommen sich näher
Ebenfalls zum Thema Predictive Maintenance stellt Bosch Rexroth in Halle 17 beispielsweise sein „Online Diagnostics Network“ vor. Es sammelt Daten und ermittelt kontinuierlich den Zustand der Gesamtanlage sowie von einzelnen systemkritischen Komponenten. Predictive Analytics und Predictive Maintenance für smarte Produkte oder die smarte Fabrik sind auch ein zentrales Thema auf dem Hauptstand von SEW Eurodrive. in Halle 15.
Ein im Grunde klassisches Feld, das aber auch seinen Anteil zu Industrie 4.0 beisteuert ist die Robotik. In Halle 17 stellen die Kukas, Mitubishis und Yaskawas dieser Welt zum einen bewährte Industrieroboter aus. Aber dort geht es auch um die Mensch-Roboter-Kollaboration von der sich Automobilhersteller und -zulieferer Verbesserungen bei Effizienz und Ergonomie für die Mitarbeiter versprechen können. Festo zeigt etwa seinen BionicCobot, der eine einfach Bedienbarkeit, Positionserfassung, Sprachsteuerung mit maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz verbindet und sich für seine Bewegungen der Pneumatik bedient.
Großserie und Individualisierung vereint
Doch der Blick richtet sich nicht allein auf die eigentlichen Roboter, sondern auch standardisierte „Hände“, die sich für Mensch-Roboter-Zusammenarbeit eignen. So zeigt Schunk etwa eine Greiferserie, die die Vorgaben der DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) einhalten.
Ebenfalls zunehmend bedeutend für die Automobilindustrie ist die additive Fertigung – landläufig 3D-Druck genannt. Im Prototypenbau schon lange etabliert, im Werkzeug- und Vorrichtungsbau nur noch schwer wegzudenken, richtet sich nun der Blick darauf, wann auch Serienteile wirtschaftlich per 3-Druck herstellbar sind. Dazu wird einiges in Halle 6 zu sehen sein, wo einige Hersteller solcher Anlagen und Entwickler von 3D-Druck Software ihre Neuigkeiten präsentieren, darunter beispielsweise auch der Anlagenhersteller EOS. Mit SLM Solutions fehlt allerdings auch ein wichtiger Player im Markt. Konkrete Anwendungen zeigt ebenfalls in Halle 6 der Spritzgießanlagenhersteller Anlagenhersteller Aarburg mit einem System zum Individualisierung von Großserienteilen in Losgröße 1 durch die Kombination von Spritzgießen und additiver Fertigung.
CeMAT stellt Intralogisitk in den Mittelpunkt
Die Elektromobilität spielt auf einer Produktionsschau wie der Hannover Messe naturgemäß keine allzu große Rolle, erfordert sie doch in der Regel keine speziellen Produktionsverfahren. Doch um einen Überblick über die Auswirkungen der Elektromobilität für den Maschinen- und Anlagenbau zu geben hat der VDMA als Dachverband dieser Branche einen Gemeinschaftsstand arrangiert. Die E-Motive Initiative des VDMA präsentiert gemeinsam mit der Forschungsvereinigung Antriebstechnik in Halle 23, Stand B19, den aktuellen Stand und die Perspektiven.
Die Themen neue Werkstoffe, Leichtbau sowie Supply Chain 4.0 werden in der Teilmesse Industrial Supply in den Hallen 3, 4 und 5 präsentiert. In der Halle 5 stellt beispielsweise Continental die Herausforderungen der wachsenden Logistikketten in den Fokus. Das Unternehmen zeigt einige technologische Highlights und intelligente Schlüsseltechnologien für einen sicheren, effizienten sowie reibungslosen Warenumschlag.
Der Tatsache, dass auch die Verknüpfung zwischen Produktion und Logistik immer enger wird, trägt Messe dadurch Rechnung, dass sie erstmals die Leitmesse für Intralogistik CeMAT zeitgleich mit der Hannover Messe veranstaltet.
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