Schleppende Produktion, Unfälle im Autopilot-Modus, Gerüchte über Diskriminierung in den Werkshallen – Tesla-Chef Elon Musk sieht sich mit einer wachsenden Zahl von Negativ-Schlagzeilen konfrontiert.
Erstmals macht sich das auch in den Imagewerten des Elektropioniers diesseits und jenseits des Atlantiks bemerkbar. Simon Kluge vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov: „Seit Ende September beobachten wir einen Abwärtstrend – den ersten seit 18 Monaten.“ In den USA hat die Vorstellung des E-Trucks Semi und eines neuen Roadsters diesen wieder gestoppt. In Deutschland stagniert Tesla aber nun auf der „Nulllinie“, wie Kluge berichtet. „Nulllinie“ bedeutet, dass ebenso viele Menschen positive Nachrichten über Tesla wahrnehmen wie andere negative. Bisher rangierte Tesla auf der YouGov-Skala zwar deutlich hinter den Premiummarken Audi, Mercedes und BMW, aber noch vor Volumenmarken wie Kia oder Hyundai. Das scheint sich nun zu ändern.
Die Stimmung kippt
Direkte Auswirkungen auf Kaufentscheidungen lassen sich daraus freilich nicht ableiten. Aber die Zahlen dokumentieren eines: Die Stimmung gegenüber Tesla kippt. Immer wieder war es Musk in der Vergangenheit gelungen, Investoren für sich zu begeistern. Aktuell wird Tesla mit 59 Milliarden Dollar bewertet und ist damit wertvoller als etwa Amerikas zweitgrößter Autobauer Ford.
Zum handfesten Problem wird für Musk der chaotische Start des Model 3. Das Massenmodell sollte Tesla zum Durchbruch verhelfen. Doch die Produktion läuft nicht. Der US-Sender CNBC berichtet, dass in der Gigafactory Batterien von Hand gefertigt würden. Die vielen Leiharbeiter lassen die Kosten explodieren. Tesla läuft Gefahr, beim Model 3 tüchtig draufzuzahlen. Der Preis des Fahrzeugs liegt bei 35.000 Dollar. Die Produktion hinkt den 400.000 bestellten Model 3 massiv hinterher. So wurden Händlern Fahrzeuge angeliefert, bei denen sie selbst noch Sitze und Displays einbauen mussten. Solche Vorgänge verzeihen Fans, aber nicht Otto Normalverbraucher.
Musk läuft die Zeit davon
Doch statt die Erwartungen zu dämpfen, steigert Musk seine Ziele noch: Die für 2020 angekündigten 500.000 Einheiten pro Jahr will er nun schon 2018 erreichen. Prognosehäuser wie IHS Markit haben die Probleme des Elektropioniers derweil längst eingepreist. Gut an der IHS-Prognose zu erkennen: Für Musk wird die Zeit knapp. Bald kommen die etablierten Autohersteller mit Elektrofahrzeugen auf den Markt. Dann steht Tesla im direkten Wettbewerb zu VW, Audi, Volvo, BMW oder Ford.
Genügen dann Qualität, Design und Coolness noch, um zu begeistern? Nord-LB-Analyst Frank Schwope: „Man fragt sich schon, was zuerst passiert: dass Elon Musk mit SpaceX zum Mars fliegt oder dass er mit Tesla schwarze Zahlen schreibt.“ Musk will sich an seinen Erfolgen messen lassen. Bis dahin bezieht er kein Gehalt, nur leistungsabhängige Prämien. Die Investoren mag er damit eine Weile beruhigen. Die Kunden sicher nicht.
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