Der deutsche Autobauer Daimler hat eine Kontroverse ausgelöst, weil er sich in China für die Nutzung eines Dalai-Lama-Zitates entschuldigt hat. Die Menschenrechtsorganisation International Campaign for Tibet (ICT) bezeichnete die Entschuldigung in einer Mitteilung am späten Dienstagabend als einen "beschämenden Kotau vor der Diktatur."
Daimler hatte zuvor auf Instagram ein Bild eines Mercedes zusammen mit dem Schriftzug "Betrachte Situationen von allen Seiten und Du wirst offener" veröffentlicht, ein Zitat des tibetischen Führers. Eine Sprecherin des Autobauers bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass der Beitrag gelöscht wurde, nachdem es Beschwerden chinesischer Internetnutzer gab.
Shitstorm auf Weibo
Der Dalai Lama gilt in China als Separatist und Staatsfeind. Als der Post bekannt wurde, brach auf Weibo, dem chinesischen Gegenstück zu Twitter, eine Welle der Empörung los, die auch nach der Entschuldigung des Konzerns nicht abebbte. "Sie wollen sich nicht entschuldigen, sie sind nur besorgt um ihren Autoabsatz" zitiert die "FAZ" einen Nutzer. Ähnlich kritisch äußerte sich die chinesische Staatspresse.
Kritik für Entschuldigung
Damit sich Vorfälle dieser Art nicht wiederholen, werde man "sofort Maßnahmen ergreifen, um das Verständnis der chinesischen Kultur und Werte zu vertiefen", hieß es zudem in einer auf dem chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo von Mercedes verbreiteten Mitteilung.
Kritik für die Entschuldigung erntete der Autobauer auch von Michael Bran, dem Menschenrechtspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. "Wenn Rückgratlosigkeit ausgezeichnet werden würde, dann hätten die Mercedes-Manager den ersten Preis für ihr peinliches Verhalten verdient" teilte Brand mit. "Der Konzern sollte sich nicht bei der chinesischen Regierung entschuldigen, sondern schleunigst beim Dalai Lama und den Tibetern."
Schaden nicht absehbar
Wie groß der Schaden für Daimler ausfallen wird, ist noch nicht absehbar. Allerdings ist der Konzern ebenso wie die anderen Autohersteller stark von chinesischen Markt abhängig. Im vergangenen Jahr wurden 587.868 von weltweit 2.289.344 Mercedes-Benz verkauft, das waren deutlich über 25 Prozent. Noch wichtiger: der Absatz in China ist im vergangenen Jahr um 25 Prozent gestiegen - solche Wachstumsraten gibt es sonst nirgends. Entsprechend schwerwiegend wären die Folgen für Daimler, wenn der Absatz einbrechen würde.
Was passieren kann, wenn man es sich mit den Chinesen verscherzt, hat im vergangenen Jahr Audi erfahren: Der Daimler-Konkurrent hatte seine chinesischen Händler verärgert, indem er den Aufbau einer zweiten Handelsorganisation plante, und wurde deshalb zeitweise boykottiert. Der Absatz brach ein und Audi schaffte nur mit großer Mühe weltweit noch ein knappes Plus am Jahresende.
Zuletzt gab es eine ganze Reihe ähnlicher Vorfälle, bei denen sich ausländische Firmen nach Kritik aus China entschuldigen mussten, darunter die Hotelkette Marriott und die Fluggesellschaft Delta. (dpa/swi)
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