Berlin. Audi-Chef Rupert Stadler hat sich nach seinem Ärger über die Bekanntgabe neuer Erkenntnisse zu Abgasmanipulationen mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt ausgesprochen. "Das Thema ist aus der Welt", sagte ein VW-Sprecher am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. "Dass Herr Stadler etwas übers Ziel hinausgeschossen ist, ist für uns Historie", sagte der Sprecher mit Blick auf ein Interview, das der Audi-Chef der Automobilwoche gegeben hatte. Darin hatte Stadler Dobrindt vorgeworfen, den Sachverhalt falsch dargestellt und sich mit der Veröffentlichung auf Kosten der VW-Tochter profiliert zu haben.
Stadler hatte den Verkehrsminister am Freitag scharf kritisiert: "Dass Herr Dobrindt allein vorprescht, hat mich persönlich sehr enttäuscht", sagte er der Automobilwoche. "Bei 24.000 Autos in Europa haben wir Auffälligkeiten gefunden. Diese Informationen haben wir den Behörden mitgeteilt. Dies und das weitere Vorgehen wollten wir gemeinsam kommunizieren." Dass die Behörden illegale Software "entdeckt" hätten, sei das falsche Wort. "Wir selbst drehen jedes Steinchen um."
Dobrindt hat sich mit Müller abgestimmt
Der VW-Sprecher sagte am Sonntag, das Bundesverkehrsministerium sei Hüter des Verfahrens und der VW-Konzern habe dem Ministerium nichts vorzuwerfen. Der Konzern und das Bundesverkehrsministerium bestätigten, dass Dobrindt sein Vorgehen zuvor mit VW-Konzernchef Matthias Müller abgestimmt hatte. Darüber hatte zuvor auch die "Bild am Sonntag" berichtet.
"Am Donnerstag haben zwei Gesprächstermine zwischen VW-Chef Müller und Minister Dobrindt stattgefunden", teilte ein Ministeriumssprecher mit. "In diesen Gesprächen wurde sowohl über die Unterrichtung der Staatsanwaltschaft als auch über die Veröffentlichung des Sachverhalts im Rahmen einer Pressekonferenz am gleichen Abend durch den Minister gesprochen." Zu Beginn des Skandals sei zwischen dem Ministerium und VW vereinbart worden, dass für alle Themen im Rahmen der Abgasaffäre der VW-Konzern für seine Marken verantwortlicher Ansprechpartner sei.
Ablösung von Stadler noch in diesem Jahr?
Stadler steht wegen seiner Rolle bei der Aufarbeitung des Abgas-Skandals schon länger in der Kritik. Dennoch war sein Vertrag vor kurzem erst um weitere fünf Jahre verlängert worden. Zu Medienberichten über eine mögliche Ablösung Stadlers sagte der VW-Sprecher am Samstag, Vorstand und Aufsichtsrat hätten "diese Diskussion zu Herrn Stadler nicht geführt". Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtete, VW wolle noch vor Ende des Jahres "ein Paket für den personellen Neuanfang in Ingolstadt schnüren", ohne Stadler an der Spitze.
Lösungsvorschläge bis 12. Juni
Der Rückruf der betroffenen Fahrzeuge soll im Juli beginnen, das genaue Datum steht noch nicht fest. Bis 12. Juni verlangt das Ministerium Lösungsvorschläge vom VW-Konzern. Neben der Prüfung der Umrüstungskonzepte durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) und der Festlegung eines verbindlichen Zeitplans werde "auch zu klären sein, welche weiteren Fahrzeuge unter dem Aspekt der Lenkwinkelerkennung einer Überprüfung unterzogen werden", teilte das Ministerium am Montag mit. Die Abschalteinrichtung nimmt wahr, wenn ein Fahrzeug im Prüfstand steht.
Dobrindt hatte am Donnerstag bekannt gegeben, dass Audi eine "unzulässige Abgas-Software" in den Oberklasse-Modellen Audi A8 und A7 mit V6- und V8-Dieselmotoren verwendet habe. Bei 24.000 Fahrzeugen ist der Ausstoß an gesundheitsschädlichen Stickstoffoxiden (NoX) höher als nach der Abgasnorm Euro 5 erlaubt. Damit weitete sich der Abgas-Skandal beim VW-Konzern erneut aus. (dpa/os)
EXKLUSIV Stadler über Dobrindt: "Persönlich sehr enttäuscht"
DAS STADLER-INTERVIEW im Wortlaut
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