Der Deal, den VW in den USA erzielt hat, ist für die deutschen straf- wie zivilrechtlichen Ermittlungen völlig egal. "Die Vereinbarung, die jetzt in den USA im Raum steht, hat keinen Einfluss auf unsere Verfahren hier in Deutschland", betonte der Braunschweiger Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe.
Seine Behörde ermittelt aktuell gegen 31 Beschuldigte - wegen möglicher Marktmanipulation auch gegen Ex-Konzernchef Martin Winterkorn, VW-Markenchef Herbert Diess sowie Chefaufseher und Ex-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch.
Welche Rolle sie gespielt haben, werde unabhängig vom US-Verfahren nach wie vor mit Hochdruck geprüft. Der Austausch mit den amerikanischen Kollegen sei dabei in allen Fragen "sehr eng und gut", unterstrich Ziehe auch mit Blick auf die laufenden deutschen Verfahren - "und die Quellen können sich auf beiden Seiten befinden."
Die finanzielle Last der Diesel-Affäre drückt derweil immer stärker auf die VW-Bilanz, die wegen nötiger Milliarden-Einsparungen im "Zukunftspakt" ohnehin arg angespannt ist. Da der Konzern sich mit Kunden, Autoverkäufern und Behörden bei US-Zivilklagen bereits auf Vergleiche geeinigt hat, die über 17 Milliarden Dollar kosten könnten, werden die Rückstellungen wohl nicht reichen.
Etwas Positives dürfte der teure Straf-Vergleich immerhin haben: Man könnte sich endlich wieder auf das Tagesgeschäft konzentrieren. "Es ist eine gute Nachricht", meint Arndt Ellinghorst vom Analysehaus Evercore ISI. Es sei zudem eine Erleichterung, dass der Konflikt nicht in die Amtszeit der neuen US-Regierung verschleppt werde. Es gab große Bedenken, dass die ab 20. Januar antretende Administration des gewählten Präsidenten Donald Trump den Fall neu aufrollen könnte.
Dutzend Staatsanwälten und 20 Kollegen vom LKA Niedersachsen ermitteln
Wirklich zur Ruhe wird VW vorerst aber nicht kommen. Selbst über ein Jahr, nachdem der Skandal aufflog, hatte die Diesel-Affäre noch das alljährliche Schaulaufen der Branche bei der US-Automesse in Detroit überschattet. In die Präsentationen der VW-Modelle für den US-Markt platzte die Nachricht einer Strafanzeige der Bundesanwaltschaft gegen einen Mitarbeiter, der in Miami vom FBI festgenommen wurde.
Der Mann, einer der sechs mit einer Strafanzeige belegten VW-Manager, soll laut Klageschrift nach dem internen Bekanntwerden von alarmierenden Ergebnissen der Umweltorganisation ICCT zu Abgaswerten schon im April 2014 - also eineinhalb Jahre vor dem öffentlichen Eingeständnis der Unregelmäßigkeiten - in einer E-Mail an einen Kollegen geschrieben haben: "Zuerst sollte entschieden werden, ob wir ehrlich sind. Wenn wir nicht ehrlich sind, bleibt alles, wie es ist."
Auch für die Konzernspitze ist der Fall brisant - nicht nur wegen der parallel weiter laufenden deutschen Ermittlungen von Ziehe und seinem Team aus fast einem Dutzend Staatsanwälten und 20 Kollegen vom LKA Niedersachsen. "Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Aber das eine oder andere Verfahren könnte möglicherweise in diesem Jahr zum Abschluss gebracht werden", sagte er. Auch in der US-Klageschrift belasten Zeugenaussagen von VW-Insidern jedoch das Management schwer.
Noch kurz bevor die US-Behörden die Abgas-Manipulationen öffentlich machten, habe die Führungsebene Vertuschung angeordnet, heißt es darin. Die Geheimhaltung soll angeblich eine von oben vorgegebene Direktive gewesen sein. Sollten sich die Anschuldigungen erhärten, könnte es noch einmal sehr unbequem für VW-Verantwortliche werden. (dpa)
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