Der Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA) warnt vor "eklatanten Gefahren für den Wettbewerb im Kfz-Ersatzteil- und Servicemarkt in Folge der zunehmenden Vernetzung der Fahrzeuge". Der Branchenverband, der sich für eine frei zugängliche, interoperable, sichere und standardisierte Telematikplattform im Auto einsetzt, sieht Risiken, falls von den Fahrzeugherstellern "einseitig Fakten geschaffen werden, die politisch die falschen Weichen stellen".
Der GVA nimmt damit Stellung zu einem Positionspapier des europäischen Herstellerverbands ACEA bezüglich des drahtlosen Datenzugangs und -verkehrs mit Kraftfahrzeugen. Anfang Dezember hatte der ACEA seine Position gemeinsam mit dem dem europäischen Verband der Zulieferer (CLEPA) veröffentlicht. Der GVA befürchtet, dass auf dieser Grundlage unabhängige Marktteilnehmer massiv an einer Teilnahme am Wettbewerb auf dem Kfz-Servicemarkt gehindert werden, dies gefährde die Wahlfreiheit des Autofahrers, wo und mit welchen Teilen er sein Fahrzeug warten und reparieren lässt.
Das von den Herstellern bevorzugte Konzept des "Extended Vehicle" sei nicht nur wettbewerbsfeindlich, sondern auch eine "Innovations- und Technologiebremse". Beispiele aus anderen Wirtschaftsbereichen lehrten, "dass nur offen gestaltete digitale Plattformen Erfolg beim Verbraucher haben". Mit ihrer Position riskierten die Autohersteller zu "Dinosauriern des Digitalzeitalters" zu werden, die von den innovativen High-Tech Giganten des Silicon Valley abgelöst werden könnten.
Datenmonopol der Hersteller
Bereits heute verfügen Fahrzeuge über die technischen Voraussetzungen, um onboard gesammelte Daten drahtlos zu übermitteln und diese für Wartung und Reparatur nutzbar zu machen. Mit dem Start des elektronischen Notrufs eCall ab April 2018 wird der Anteil vernetzungsfähiger Fahrzeuge noch einmal stark ansteigen. Marktteilnehmer benötigen daher einen geeigneten Zugang zu diesen Fahrzeugen.
Die bereits im Markt befindlichen Vernetzungslösungen sind bisher aber nur auf die jeweiligen Fahrzeughersteller ausgerichtet, die Autobauer nennen das "Extended Vehicle": Diese Lösung zementiere das Datenmonopol der Autobauer, kritisiert der GVA. Denn die Daten aus dem Fahrzeug sollen an den Server des jeweiligen Fahrzeugherstellers übermittelt werden, erst dann könnten sie auf Basis eines Vertrags über einen neutralen Server auch unabhängigen Marktteilnehmern wie freien Werkstätten, Teilehändlern, Versicherern oder Autoclubs zur Verfügung gestellt werden.
GVA-Präsident Hartmut Röhl lehnt diesen Ansatz ab: "Die Fahrzeughersteller erhalten damit die vollständige Kontrolle über die Daten, sie allein entscheiden, welche Daten die Konkurrenz vom freien Markt in welcher Form und wann zur Verfügung gestellt bekommt." Um den Wettbewerb sicherzustellen, benötige der IAM (Independant Aftermarket) unbedingt einen direkten Zugang zu den fahrzeuggenerierten Daten.
Zudem sei es wichtig, dass die Fahrzeughersteller keine Möglichkeit haben, "die Unternehmen des IAM beziehungsweise deren Produkte und Serviceleistungen zu überwachen". Die unabhängigen Marktteilnehmer müssten die gleichen Möglichkeiten wie die Fahrzeughersteller haben, dem Kunden ihre Anwendungen zum Beispiel im Display des Armaturenbretts zu präsentieren.
Innovations- und Technologiebremse
ACEA und CLEPA hingegen führen Sicherheitsbedenken als Grund dafür an, dass unabhängige Marktteilnehmer keinen direkten Zugang zu den Fahrzeugdaten erhalten sollen. Demnach erhöhe ein direkter Zugang Dritter zu den Daten das Risiko von Hacker-Angriffen. Außerdem steige die Gefahr der Ablenkung des Fahrers, wenn man externen Anbietern den Zugang zu den Bedienoberflächen und Displays im Fahrzeug gewähre.
GVA-Präsident Hartmut Röhl hält solche Bedenken für vorgeschoben: "Die Schnittstellen zum Fahrzeug lassen sich technisch sicher gestalten", sagt der Verbandschef. Die Fahrzeughersteller wollten "weniger Hacker außen vor halten als vielmehr ihre Wettbewerber vom freien Markt", vermutet Röhl. Die Ablenkungsgefahr hält der GVA-Chef für eine "Nebelkerze". Autofahrer seien mündig genug, selbst zu entscheiden, ob eine Anwendung sie in ihrer Konzentration auf das Verkehrsgeschehen ablenkt.
Auf europäischer Ebene vertritt der GVA-Dachverband Figiefa die Interessen des freien Teilehandels. Bei der Forderung eines direkten Zugangs zu den fahrzeuggenerierten Daten für alle Marktteilnehmer hat sich die Figiefa mit den Verbänden ADPA, Cecra, EGEA, FIA, Insurance Europe und Leaseurope zusammengeschlossen.