Hamburg. Elektrisch angetriebene Autos haben mit Vorbehalten zu kämpfen. Neben den vergleichsweise hohen Kaufpreisen vieler Stromer und der lückenhaften Infrastruktur zum Aufladen ihrer Akkus gibt Interessenten häufig die Reichweite noch schwer zu denken. Rund 160 Kilometer wie beim E-Up von VW mögen im Stadtverkehr genügen, für ausgedehnte Touren über Land oder gar flotte Autobahnfahrten taugen sie kaum.
Kein Wunder also, dass die Hersteller intensiv an größeren Reichweiten arbeiten. So will VW den E-Golf im Zuge der anstehenden Modellpflege von bisher 190 Kilometern mit einer neuen Batteriegeneration auf 300 Kilometer Reichweite bringen. Sogar 400 bis 600 Kilometer soll das Konzeptauto I. D. schaffen, das die Wolfsburger auf der Pariser Automesse präsentiert haben. Der Kompaktwagen basiert auf dem neuen Modularen Elektrifizierungsbaukasten (MEB) des VW-Konzerns und hat einen 170 PS starken Stromantrieb. Mit der Serienversion des I. D. will VW „2020 parallel zum Golf durchstarten“. Spätestens 2025 soll der Stromer vollautomatisiertes Fahren ermöglichen. Von jenem Jahr an will VW weltweit jährlich eine Million Elektroautos verkaufen.
Auch die VW-Sportwagenmarke Porsche treibt den Bau eines reinen Elektroautos voran. Konkrete Hinweise auf die Pläne der Stuttgarter gibt die Studie Mission E, mit der Porsche auf der IAA 2015 für Aufsehen sorgte. Der Viersitzer bietet eine Reichweite von 500 Kilometern und immerhin 600 PS. Der Clou jedoch ist das Versprechen, dass innerhalb von nur 15 Minuten die Akkus zu 80 Prozent wieder aufgeladen sind.
Dies soll jene 800-Volt-Technik ermöglichen, von der sich Porsche im Vergleich zum herkömmlichen 400-Volt-Ansatz auch ein geringeres Fahrzeuggewicht erhofft. „Leichtere Kupferkabel mit reduziertem Querschnitt reichen zum Energietransport aus“, heißt es von Porsche. Wenn der Mission E zum Ende des Jahrzehnts in Serie geht, dürfte der Flitzer auch induktiv zu laden sein – also drahtlos, etwa über eine im Garagenboden eingelassene Spule.
Mercedes legt ein "elektromobiles Ökosystem" an
Porsches Premium-Nachbar Mercedes-Benz hat mit „EQ“ gar eine neue Produktmarke für Elektromobilität gegründet. Das Kürzel steht für „Electric Intelligence“ und, so die Stern-Strategen, für „ein umfassendes elektromobiles Ökosystem aus Produkten, Services, Technologien und Innovationen“. Das Spektrum werde von E-Autos wie dem in Paris enthüllten SUV-Coupé Generation EQ über Wandboxen zum Laden bis hin zum Heim-Energiespeicher reichen.
Die Geländewagenstudie EQ basiert auf einer speziell für batterieelektrisch angetriebene Autos konzipierten Architektur und hat E-Motoren an Vorder- und Hinterachse. Für das kombiniert 408 PS starke Antriebssystem stellt Mercedes-Benz eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern in Aussicht.
Mit einem solchen Trumpf will auch Opel punkten. Nachdem die Rüsselsheimer für ihr neues Elektroauto Ampera-e zunächst eine Reichweite von 400 Kilometern annonciert hatten, überraschten sie in Paris mit einer Erhöhung auf über 500 Kilometer.
Bereits im Frühjahr 2017 bringt Opel den Stromer in den Handel. Unter Berücksichtigung der E-Auto-Förderung dürfte der neue Ampera-e bereits für rund 35.000 Euro zu haben sein. Ein wichtiger Rivale des Opel wird das Model 3 von Tesla sein. Nur wenige Tage nachdem der US-Anbieter das kompakte Auto angekündigt hatte, signalisierten angeblich bereits mehr als 300.000 Kunden ihr Interesse – in Form einer Vorbestellung. Mit den Vorbehalten gegenüber den Stromern hingegen dürfte es bald ein Ende haben.