Hamburg. Dieter Zetsche wehrt sich gegen das derzeit in Deutschland diskutierte Aus für Diesel und Benziner ab 2030. Der Daimler-Chef hält es zwar für völlig in Ordnung, wenn gesetzgeberisch durch Emissionsvorgaben Rahmenbedingungen geschaffen würden. "Aber die Lösung technologisch vorzuschreiben, ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers", sagte Zetsche im Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten. Aufgabe der Bundesregierung sei vielmehr, die Infrastruktur für eine weitere Elektrifizierung auf der Straße voranzutreiben.
In einem Antrag für den Parteitag im November drängt der Grünen-Bundesvorstand darauf, von 2030 an keine Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren neu zuzulassen. Zudem wird die EU-Kommission in einer parteiübergreifend beschlossenen Stellungnahme des Bundesrates gebeten zu prüfen, wie sich die bisherigen Steuer- und Abgabenpraktiken der EU-Mitgliedstaaten auf die Förderung lärmarmer und abgasfreier Mobilität auswirken. Darauf basierend sollen Vorschläge unterbreitet werden, "damit spätestens ab dem Jahr 2030 unionsweit nur noch emissionsfreie Pkw zugelassen werden".
Daimler-Chef Zetsche bekräftigte – wie zuvor der Verband der Automobilindustrie (VDA) –, dass es wenig mit Marktwirtschaft zu tun habe, die Technologie und das Kundenverhalten zu diktieren. Für "vollkommen unrealistisch" hält Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) unterdessen das Ende von Diesel- und Benzin-Fahrzeugen ab 2030.
"Informationsaustausch wichtig"
Zetsche sagte mit Blick auf seinen geplanten Auftritt beim Bundesparteitag der Grünen am 13. November: "Ich werde nicht zu dem Parteitag reisen in dem Irrglauben, ich könnte hier bekehren oder gar extreme Positionen ins Gegenteil verkehren." Er halte Informationsaustausch aber für wichtig, "um am Ende des Tages einen vernünftigen Weg zu gehen".
Daimler plant noch lange mit Verbrennungsmotoren. Zwar hatte Daimler kürzlich beim Autosalon in Paris die neue Marke "EQ" vorgestellt und angekündigt, bis 2025 mehr als zehn vollelektrische Fahrzeuge zu haben. E-Mobile sollen dann aber erst für 15 bis 25 Prozent des Gesamtabsatzes stehen. Also könne Daimler die Weiterentwicklung der Verbrennungsmotoren nicht einstellen, da 2025 noch rund 75 Prozent der Fahrzeuge mit konventionellen Antrieben ausgestattet sein würden, so der Automanager.
Zetsche: "Wir werden sicherlich eine lange Zeitstrecke noch die größten Reduzierungen im CO2-Ausstoß über noch effizientere Verbrennungsmotoren erreichen."
Erstes EQ-Fahrzeug kommt wohl aus Bremen
Daimler hat laut Zetsche aber die notwendigen Produktionsanlagen, um den Schalter auf Elektromobilität umzulegen. "Die norddeutschen Werke spielen dabei eine Schlüsselrolle." Das erste EQ-Fahrzeug werde wohl in Bremen produziert, sagte Zetsche. Daimler bündelt unter der neuen Marke alle seine Elektro-Aktivitäten - von der Elektrifizierung der Autos über Produktion von Energiespeichern bis zum nachhaltigen Batterierecycling.
Daimler hat sowohl für Bremen als auch für das Werk Sindelfingen Absichtserklärungen mit dem Betriebsrat unterschrieben, nach denen dort künftig Elektroautos gebaut werden sollen. In Hamburg-Harburg sollen Komponenten für E-Autos gebaut werden. Bis 2021 sollen in die Werkserweiterung sollen rund 500 Millionen Euro fließen, so Zetsche. (dpa/gem)
"Die Rücklichter zeigen"
Zetsche gibt sich kämpferisch: "Spätestens 2025 wollen wir unseren Wettbewerbern in Sachen E-Mobilität die Rücklichter zeigen - egal ob sie aus Bayern kommen oder aus Kalifornien. Das ist ambitioniert, aber es ist auch erreichbar." (dpa/gem)