München. Der Blick durch die Windschutzscheibe genügt, um zu erkennen: Die Elektromobilität ist auf der Straße noch eine Randerscheinung. Ganz selten sieht man ein E-Auto neben sich an der Ampel stehen. In Deutschland liegt der Stromer-Anteil bei weniger als einem halben Prozent. Und selbst wenn 2020 tatsächlich, wie von der Bundesregierung gefordert, eine Million Elektroautos auf der Straße sein sollten, läge der Wert erst bei rund zwei Prozent.
Wer sollte sich bei dieser geringen Verbreitung schon heute Gedanken um das spätere Recycling der Lithium-Ionen-Akkus machen? Immerhin versprechen die Autohersteller dem Kunden derzeit, dass der Akku seines Elektroautos auch nach acht Jahren noch mindestens 80 Prozent seiner ursprünglichen Leistungsfähigkeit liefert. Liegt der Wert darunter, gilt die Batterie im Fahrzeug als nicht mehr einsatzfähig.
Produzenten von Batteriezellen und ihr Volumen für die Automobilproduktion 2016
Altbatterien als Zwischenspeicher fürs Stromnetz
Doch was tun mit dem Alt-Akku? „Zunächst sollte die Batterie so lange am Leben erhalten werden wie möglich“, sagt Melissa Bowler, Technische Projektmanagerin für stationäre Speicherung bei BMW. Die Bayern zählen zu den Autokonzernen mit der größten Erfahrung in der Elektromobilität. Seit Ende 2013 ist der Carbon-Flitzer i3 auf dem Markt. Über 50.000 davon sind weltweit unterwegs. Vom Nissan Leaf allerdings sind viermal so viele Autos auf den Straßen der Welt.
Das Stichwort beim Alt-Akku heißt „Second Life“. Und damit ist nicht die Onlinewelt aus dem Jahr 2003 gemeint. Eines der ersten Pilotprojekte zu „Second Life“ steht in Lünen. Hier betreibt Daimler in Kooperation mit Remondis sowie Getec und The Mobility House (TMH) einen 13-Megawattstunden-Speicher aus gebrauchten Smart- und Mercedes-Akkus.
BMW kooperiert mit Bosch und Vattenfall. Alt-Akkus werden als Energiespeicher ins Stromnetz eingebunden, um dieses zu stabilisieren. Erneuerbare Energiequellen liefern nicht immer Strom, wenn er benötigt wird. Es sind Zwischenspeicher nötig. „Sie dienen als Puffer, indem sie den überschüssigen Strom aufnehmen und bei Bedarf wieder ins Netz einspeisen“, sagt Bowler. Autobatterien werden zu großen Speichern zusammengeschaltet.
Einer Studie des Bundesverbands Erneuerbare Energien zufolge können alte Akkus im Jahr 2025 mit 25 Gigawattstunden etwa so viel Strom zur Verfügung stellen wie die Hälfte aller deutschen Pumpspeicher-Kraftwerke. Voraussetzung: Die Elektromobilität in Deutschland muss Fahrt aufnehmen.
Wechseln statt wegwerfen
Nicht immer ist es notwendig, bei einem Schaden gleich die ganze Batterie auszutauschen. Eine Vorstufe zum „Second Life“ bietet Mitsubishi an. Hier lassen sich einzelne Batterie-Module auswechseln. Für den Austausch eines Moduls werden lediglich 1000 Euro fällig. Opel betreibt in Rüsselsheim ein „Battery Refurb Centre“, in dem defekte Ampera-Batterien instand gesetzt werden.
Doch trotz aller „Second-Life“-Bemühungen, irgendwann ist die Leistung des Akkus so weit abgesunken, dass nur Recycling bleibt. Der Fokus richtet sich hier auf die wertvollen Rohstoffe Kobalt und Nickel. Fachleute unterscheiden beim Recycling zwischen zwei Arten: der pyro- und der hydrometallurgischen Route. Bei Letzterer wird die Batterie mechanisch zerkleinert und die Metalle danach mittels Chemikalien herausgelöst. Der pyrometallurgische Prozess ist eine Hochtemperaturverbrennung. Beides erfordert große Energiemengen und ist vergleichsweise ineffizient.
Ideal wäre es, die Metalle in Form bereits synthetischer Verbindungen herauszutrennen, um sie dann 1:1 wiederzuwenden. Dies würde zu einer erheblichen Energieeinsparung führen. Erfolg versprechend sieht ein elektrohydraulisches Trennverfahren des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung ISC in Hanau aus. Hier werden Batterien in eine Flüssigkeit gegeben, in der ein Lichtbogen Schockwellen erzeugt. Andreas Bittner, Geschäftsfeldleiter Energiematerialien am Fraunhofer-Institut: „Wir können so die Batterien quasi berührungsfrei und sehr effizient in ihre Bestandteile zerlegen.“