Stuttgart. Viele kleine und mittlere Unternehmen schöpfen die Möglichkeiten des Leichtbaus noch nicht voll aus. Zu diesem Ergebnis kommen Experten, die sich beim dritten Technologietag Hybrider Leichtbau in Stuttgart getroffen haben. „Die reine Materialsubstitution wird weiterhin wichtig bleiben, wobei der Fokus mehr auf dem Multimaterialdesign liegen wird“, sagte Wolfgang Seeliger, Geschäftsführer von Leichtbau BW. Mittelfristig sei ein Paradigmenwechsel hin zum Konzept-Leichtbau zu erwarten.
Das weltweite Marktvolumen für Leichtbau im Transportsektor wird laut Studien von aktuell 80 Milliarden auf über 140 Milliarden Euro im Jahr 2020 steigen. So muss etwa die Gewichtszunahme bei Fahrzeugen mit Elektroantrieb und neuer Motorentechnik kompensiert werden. Zudem geht es um die Einhaltung strengerer Abgasgrenzwerte.
Vorteile bei Beschleunigung, Bremsweg und Verbrauch
100 Kilogramm Gewichtsreduktion bei einem Mittelklassewagen bringen laut Berechnungen des DLR-Instituts für Fahrzeugkonzepte in Stuttgart fünf Prozent mehr Beschleunigung, einen um fünf Prozent kürzeren Bremsweg und 0,3 Liter weniger Verbrauch auf 100 Kilometer.
Gute Erfahrungen mit verschiedenen Verbundwerkstoffen macht der österreichische Konzern Voestalpine, der vor allem die Premiumhersteller der Automobilindustrie beliefert. Das Unternehmen mit weltweit knapp 50.000 Mitarbeitern stellt Reserveradmodule aus Polyamid her, die mit Aluminium verstärkt werden. Vielversprechend sind für Karl M. Radlmayr, Entwicklungsleiter von Voestalpine, auch Kunststoffe, die mit einem Drahtgeflecht verstärkt werden. „Damit erreichen wir im Vergleich zum härtesten Stahl eine Verdopplung der Festigkeit.“
Schwierige Wiederverwertung
Nicht ganz einfach ist allerdings die Wiederverwertung dieser Materialien, weshalb die Reste nach der Trennung meist verbrannt werden. Damit lasse sich immerhin der Einkauf von teurem Rohöl reduzieren, so Radlmayr.
Für Voestalpine lohnt sich der Forschungsaufwand für die neuen Werkstoffe. „Man kann damit Geld verdienen“, sagt Radlmayr. Er verweist auf die Umsatzrendite des Konzerns, die im vergangenen Jahr bei acht Prozent lag. „Wer mitwachsen möchte, muss sich mit Leichtbau beschäftigen, sonst wird es schwer“, rät er seinen Zuliefererkollegen.
Großauftrag für ElringKlinger
Der schwäbische Zulieferer ElringKlinger hat dies bereits erkannt und erfolgreich umgesetzt. Zum Technologietag gab er bekannt, einen Großauftrag von Brose über 100 Millionen Euro an Land gezogen zu haben. Geliefert werden sollen Türmodulträger aus Organoblechen für Kompaktfahrzeuge. „Dies bestätigt unsere Forschungsleistungen mit neuartigen Faserverbundwerkstoffen“, so ElringKlinger-Chef Stefan Wolf. Damit mache man sich zudem weniger abhängig vom Antriebssystem.