Luxemburg. Deutschland will sich bei der Europäischen Union dafür einsetzen, dass Gesetzeslücken bei der Abgasreinigung von Autos geschlossen werden. "Wir wollen eine deutliche Klarstellung, was unter den Ausnahmen bei Abschalteinrichtungen zu verstehen ist", sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU).
Die derzeitige Rechtslage in der EU verbietet Abschalteinrichtungen zwar grundsätzlich, lässt aber Ausnahmen zu, um den Motor vor Schäden zu schützen. Diese können Angaben aus der Industrie zufolge unter anderem durch zu starke Intensität der Reinigung und bei niedrigen Temperaturen auftreten.
Ausnahme soll Ausnahme bleiben
Derartige Ausnahmen sollen nach den Vorstellungen von Deutschland künftig nur noch zulässig sein, wenn ein Schutz des Motors trotz des Einsatzes der "besten verfügbaren Technologien" nicht auf andere Weise erreicht werden kann. Bei der Erteilung der Typgenehmigung soll deshalb geprüft werden, ob eine solche "beste Technologie" zur Verfügung steht. Das sieht der deutsche Vorschlag für die EU-Ministerkonferenz vor, über den das "Handelsblatt" und die "Süddeutsche Zeitung" berichtet haben.
Die Autobauer sollen künftig offenlegen müssen, welche Technik sie zum Motorschutz einsetzen und wie die Software genau funktioniert. Momentan müssen die Aufsichtsbehörden das selbst herausfinden. Vor allem die deutschen Autobauer weigern sich mit Hinweis auf mögliche Industriespionage, ihre Software dem KBA zur Verfügung zu stellen.
Für eine Verschärfung beziehungsweise Präzisierung der Vorschriften hat sich auch das Bundesumweltministerium ausgesprochen. Staatssekretär Jochen Flasbarth forderte, der Verordnung müssten "konkrete Temperaturen oder Drehzahlen" festgelegt werden, damit keine Manipulationen mehr möglich seien. Die Autoindustrie solle nicht versuchen, sich gegen die Reform beim Thema "beste verfügbare Technologie" zu sperren. Der Vertrauensvorschuss, den die Branche lange Zeit genossen habe, ist seiner Ansicht nach aufgebraucht.
Kritik der Deutschen Umwelthilfe
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte den Vorstoß als nicht ausreichend. Es sei kein Bezugsrahmen für die "beste Technologie" definiert, monierte DUH-Chef Jürgen Resch. Das Ministerium versuche, "die Verbrauchertäuschung der Automobilhersteller nachträglich zu legalisieren und die damit verbundene massive Gesundheitsgefährdung vieler Millionen Menschen als Kavaliersdelikt abzuhaken". Andere Umweltorganisationen befürchten gar, damit werde das Verhalten der Konzerne nachträglich und für die Zukunft legalisiert. Sofern die "beste verfügbare Technik" eingebaut sei, sei es dann legal, die Abgas-Grenzwerte zu überschreiten.
Die Niederländer, die momentan den Ratspräsidenten der EU stellen, ist zwar mit dem Ziel des deutschen Vorstoßes einverstanden, würde eine Umformulierung der aktuellen Verordnung einer Neufassung vorziehen: "Es gibt keine Notwendigkeit, die Regeln zu ändern", sagte ein Sprecher. Die Entscheidung über eine Änderung der Verordnung trifft allerdings ohnehin nicht der Rat der Verkehrsminister, sondern der der Umweltminister.
Zu hohe Emissionen bei 30 Modellen
Bei Nachmessungen in Folge des Abgas-Skandals bei Volkswagen hat das Kraftfahrt-Bundesamt jedoch entdeckt, dass zahlreiche Autohersteller diese Ausnahme beinahe zur Regel gemacht haben und ihre Abgasreinigung schon bei Temperaturen unterhalb von zehn oder teilweise sogar schon unterhalb von 17 Grad deutlich herunterfahren. Die Behörde stellte bei 30 von 53 untersuchten Fahrzeugen erhöhte Werte fest. (dpa/swi)