Berlin. Die Experten, die den Abgas-Skandal bei Volkswagen aufgedeckt haben, bemängeln Gesetzeslücken schon in den Vorbereitungen für die CO2-Messung im Labor. Nach einer Mitteilung des International Council of Clean Transportation (ICCT) vom Dienstag ergeben die sogenannten Ausrollversuche, bei denen die offiziellen Fahrwiderstände von Fahrzeugen gemessen werden, weitaus geringere Werte, als im Alltagsgebrauch realistisch sei.
Die bei diesen Versuchen ermittelten Werte bestimmen, wie viel Energie ein Auto dann später im Labor aufbringen muss - sie beeinflussen so maßgeblich die offiziellen Angaben zu Verbrauch und CO2-Ausstoß. Die unrealistisch niedrigen Werte erklären laut International Council of Clean Transportation ein Drittel der Abweichung des CO2-Ausstoßes im Alltag von den Laborversuchen.
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Alle 19 liegen über dem offiziellen Wert
Die Autobauer nutzen dabei laut ICCT Gesetzeslücken bei den Ausrollversuchen. Peter Mock, Geschäftsführer des ICCT in Europa, sagt: "Da werden zum Beispiel Reifen übermäßig aufgepumpt, das Profil annähernd komplett abgerieben oder Reifen im Ofen gehärtet, damit sie weniger Rollwiderstand haben." Das sei so natürlich nicht vorgesehen - aber eben auch nicht explizit verboten. "Diese Schlupflöcher werden voll ausgenutzt", so Mock.
Für 19 Automodelle aus den Jahren 2009 bis 2012 konnten die ICCT-Experten die offiziellen Widerstandswerte mit Alltagswerten unabhängiger Labors vergleichen. Hauptergebnis: In allen 19 Fällen lag der tatsächliche Widerstand demnach über dem offiziellen Wert.
"Gesetzeslücken müssen geschlossen werden"
Die offiziellen Daten zum Fahrwiderstand sind in der EU nicht öffentlich - anders als etwa in den USA. Dies kritisiert ICCT: "Neben der Schaffung von mehr Transparenz ist es wichtig, dass in der EU in Zukunft Gesetzeslücken in den Fahrzeug-Testprozeduren geschlossen werden." Nachträgliche Stichproben durch Behörden seien ebenso notwendig.
Im vergangenen Jahr hatten ICCT-Messungen die US-Behörden letztendlich auf die Spur der Abgas-Manipulationen bei VW geführt. Dabei stand zunächst der Stickoxid-Ausstoß der betroffenen Fahrzeuge im Mittelpunkt. Nun beschäftigen sich deutsche Experten im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums auch mit CO2-Werten. Diese sind nicht nur für den Klimaschutz wichtig. In Deutschland sind sie auch maßgeblich für die Höhe der anfallenden Kfz-Steuer. (dpa/gem)