Wolfsburg. Noch immer ist unklar, wie genau es zum Einsatz der Betrugssoftware in den Dieselmotoren bei Volkswagen gekommen ist. Fast sieben Monate nach der Aufdeckung des Skandals hat die US-Kanzlei Jones Day zwar einzelne Abteilungen und Personen identifiziert, die an den den Manipulationen beteiligt waren. Der genaue Ablauf ist jedoch nach wie vor unklar. "Die Prozessstruktur war sauber", betont ein Insider.
Fest steht immerhin, dass Jones Day bisher keine Hinweise auf eine Mitschuld des Vorstands um den früheren Chef Martin Winterkorn gefunden hat. Das berichtet die DPA unter Berufung auf zwei voneinander unabhängige Quellen. Der VW-Konzern gab keinen Kommentar ab. "Wir können uns nicht zu den Untersuchungen von Jones Day äußern", sagte ein Sprecher.
Gut verstecktes Programm
Der Programmierer, der die Software geschrieben hat, ist dem Konzern schon lange bekannt. Doch man weiß nicht, wie es dazu kam und wie das Programm in die Software der Motorsteuergeräte eingeschleust worden ist. Fest steht inzwischen, dass es als Akustik-Software getarnt war, deren Zweck darin besteht, das "Nageln" von Dieselmotoren beim Kaltstart zu verringern.
Ebenfalls unklar ist, ob einzelne Ingenieure auf eigene Faust handelten oder ob es eine Gruppe gab, die auf direkte Anweisung von Vorgesetzten tätig wurde. Die Beantwortung dieser Frage dürfte auch die zahlreichen gegen den Konzern laufenden Prozesse beeinflussen.
Aufsichtsrat trifft sich am 22. April
Eigentlich hätte Jones Day am 10. April dem Diesel-Ausschuss des Aufsichtsrats einen umfangreichen Zwischenbericht vorlegen sollen. Das geplante Treffen des Gremiums fiel jedoch aus. Stattdessen wird sich der komplette Aufsichtsrat am 22. April mit dem Zwischenbericht befassen.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig wird vermutlich kaum von dem Bericht profitieren: "Wir schauen natürlich interessiert auf den Bericht als weitere Erkenntnisquelle von außen", erklärt Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe. Wie und in welchem Umfang VW ihn zugänglich mache, sei aber noch abzuwarten. "Als Strafermittlungsbehörde sind wir gehalten, unsere eigenen Ermittlungen vollständig und umfassend selbst durchzuführen und uns nicht auf Befragungen und Erkenntnisse dritter Seite zu stützen."
Wann wird die Öffentlichkeit informiert?
Wann und in welcher Form die Öffentlichkeit informiert werden soll, ist noch nicht bekannt. VW hat bereits mehrfach versprochen, bis Ende April die Schuldfrage zu klären. Ein möglicher Termin wäre die auf den 28. April verschobene Bilanzpressekonferenz des Unternehmens.
Volkswagen hatte im vergangenen September zugegeben, Millionen Dieselfahrzeuge mit einer Manipulationssoftware ausgestattet zu haben, um die Abgaswerte zu schönen. In einer Videobotschaft hatte Winterkorn damals gesagt, dies sei das Werk "einiger weniger" gewesen. In der Erwiderung auf eine Klage stritt der Konzern Anfang des Jahres ab, dass der Vorstand von den Manipulationen gewusst habe. "Die Entscheidung, die Motorsteuerungssoftware zu verändern, wurde vielmehr von VW-Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen des Bereichs Aggregate-Entwicklung von Volkswagen getroffen." Wo genau, ist jedoch auch ein halbes Jahr nach Ausbruch des Skandals noch immer nicht geklärt. (dpa/swi)