Hamburg. Der aufgrund des Abgas-Skandals schwer angeschlagene VW-Konzern muss sich in den USA nicht nur mit Behörden und Kunden auseinandersetzen, sondern auch mit den dortigen Händlern. Daher reisten Markenchef Herbert Diess und der neue Nordamerika-Chef Hinrich Woebcken am 2. April nach Las Vegas, um an der Jahrestagung des US-amerikanischen VW-Händlerverbands teilzunehmen und die Gemüter etlicher verärgerter Händler zu beruhigen. Diese fordern eine finanzielle Entschädigung vom VW-Konzern, nachdem der Absatz in den USA wegen der Diesel-Krise eingebrochen ist. Im März musste die Kernmarke VW Pkw erneut ein Absatzminus von 10,4 Prozent im Jahresvergleich verbuchen.
Das Treffen scheint allerdings außer warmer Worte nicht viel Zählbares gebracht zu haben. Laut einem Bericht des "Wall Street Journal" vom Samstagabend wurde immerhin eine Maßnahme konkret vereinbart: Die geplanten Importe des VW Golf Alltrack, der im Herbst auf den Markt kommen soll, werden von 8000 in diesem und 30.000 im kommenden Jahr auf 16.000 beziehungsweise 60.000 Autos verdoppelt. Alan Brown, der Vorsitzende des VW-Händlerverbands, und seine Mitstreiter hatten bisher allerdings 25.000 in diesem und 75.000 im kommenden Jahr gefordert.
Ansonsten blieben anscheinend viele Fragen ungeklärt. Bereits vor rund zwei Wochen war bekannt geworden, dass VW doch mit einer Volumenstrategie in den USA zum Erfolg kommen will. Anfang des Jahres hatte der Konzern noch überlegt, eine Art Premiumstrategie mit geringerem Absatz und höherem Profit pro Auto zu fahren. Gegen diesen Strategie hatten die Händler heftigen Widerstand geleistet. Ob sich der Konzern und die US-Händler über die Höhe von Entschädigungszahlungen oder über den Ablauf eines Rückrufplans geeinigt haben, ist bisher nichts bekannt geworden.
Eine Million Dollar pro Händler?
Wie die Automobilwoche berichtete, waren bereits vor gut zwei Wochen drei US-Händler zu Gesprächen nach Wolfsburg gereist, unter ihnen auch Alan Brown. In den zweitägigen Gesprächen, an denen auch Herbert Diess und Hinrich Woebcken teilnahmen, ging es unter anderem um Finanzhilfen für die insgesamt 650 US-Händler. Alan Brown schlug damals vor, jeder Händler solle über einen Zeitraum von vier Jahren eine monatliche Unterstützung von 20.000 US-Dollar erhalten. Insgesamt wären das pro Händler knapp eine Million Dollar, umgerechnet rund 900.000 Euro.
Viele der Händler in den USA, die aufgrund des Diesel-Skandals große Problem bekommen haben, sind nicht nur über die Abgas-Manipulationen an sich verärgert, sondern auch über die unzureichende Informationspolitik von Volkswagen. Sie haben auch kein Verständnis dafür, dass VW und die US-Umweltbehörde EPA sich immer noch nicht auf einen Rückrufplan geeinigt haben. Für den Konzern besteht die Gefahr, dass sich etliche Händler den zahlreichen Sammelklagen gegen VW in den USA anschließen könnten. (os)