IJmuiden. Europas zweitgrößter Stahlhersteller Tata Steel will sich stärker als bisher auf die Bedürfnisse der Automobilindustrie einstellen und setzt dabei auf eine enge digitale Verzahnung mit seinen Kunden im Stil der Industrie-4.0-Steuerung.
Dank einer relativ neuen Methode zur Stahlproduktion kann Tata Steel die CO2-Emissionen bei der Rohstahlerzeugung um bis zu 20 Prozent reduzieren. Das Verfahren namens HIsarna wird federführend von Tata Steel in seinem Stahlwerk im niederländischen IJmuiden erprobt.
Ziel der EU ist es, die CO2-Emissionen bei der Stahlherstellung in Europa bis 2050 zu halbieren. Beteiligt sind auch die Stahlhersteller ArcelorMittal, Thyssenkrupp und Voestalpine sowie die Bergbaugesellschaft Rio Tinto und der Technologiezulieferer Paul Wurth. Derzeit testet das Konsortium in der Pilotanlage in IJmuiden, ob sich das Verfahren auch im industriellen Maßstab umsetzen lässt.
"Die Entwicklung der HIsarna-Technologie hat noch einen weiten Weg vor sich, aber sie hat das Potenzial, die Stahlerzeugung weltweit zu revolutionieren", erklärte im Gespräch mit der Automobilwoche Henrik Adam, Verkaufschef von Tata Steel in Europa.
Zwei Schritte weniger
"In der klassischen Stahlherstellung sind wir nahe beim technischen Optimum", sagt Adam. Bei HIsarna hingegen könnten zwei energieintensive Prozessschritte eingespart werden: Kohle und Eisenerz müssen nicht zu Koks, Sinter oder Pellets verarbeitet werden, sondern werden in Pulverform in den Hochofen geblasen. Ein sechsmonatiger Dauertest soll nun zeigen, ob das Verfahren über eine längere Zeit stabil läuft.
Bei der Ausweitung des Geschäfts mit der Autoindustrie sollen Tata Steel neue Planungsprogramme aus dem Werkzeugkasten der Industrie 4.0 helfen. Der Stahlhersteller will enger und deutlich früher als bisher mit Kunden Produkte planen, entwickeln und fertigen. Auch die Steuerung des Produktionsvolumens soll künftig mehr dem Prinzip just in time gehorchen als bisher.
"Unser Ziel ist es, gemeinsam mit dem Kunden für kürzere Lieferzeiten, mehr Flexibilität und mehr Termintreue zu sorgen", sagt Adam. Das System ermögliche es, deutlich früher auf Nachfrageschwankungen zu reagieren als bisher.
Schneller werden
"Wir wollen schneller werden und in einem Zeitraum von unter zwei Tagen liefern." Das sei im Stahlgeschäft bislang noch nicht üblich, sagt Adam. "Wir wollen als Tata Steel hier ganz vorn mitmischen und glauben, damit im Wettbewerb einen wichtigen Vorteil zu haben."