Wie kam der Abgas-Skandal ins Rollen?
Die Manipulationen beim Schadstoffausstoß bei VW-Dieselmotoren wurden eher zufällig als vorsätzlich aufgedeckt. Forscher der Umweltorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT) gingen der Frage nach, wie umweltverträglich Dieselmotoren wirklich sind. Ursprünglich hatte die Studie zeigen sollen, dass deutsche Fahrzeuge in Amerika sauberer sind als in Europa, weil dort die Vorschriften strenger sind. Bei ihrer Arbeit entdeckten die Forscher allerdings Widersprüche bei den Stickoxid-Emissionen.
Diese wurden der US-Umweltbehörde EPA gemeldet, die daraufhin Untersuchungen gegen Volkswagen einleitete. Das war bereits im Mai 2014. Im Dezember desselben Jahres rief VW freiwillig erstmals eine halbe Million Autos in den USA zurück - angeblich, um ein Software-Update durchzuführen.
Mitte September 2015 forderte die Umweltbehörde schließlich erneut den Rückruf von einer halben Million Diesel-Pkw von Volkswagen – es war der Beginn des Abgas-Skandals, der seitdem zum alles bestimmenden Thema in der Automobilbranche geworden ist. Am Sonntag, den 20. September 2015, räumte der damalige VW-Konzernchef Martin Winterkorn schließlich ein, dass es die vermuteten Manipulationen wirklich gegeben habe.
VW erklärte in der Folge, allein in Deutschland seien rund 2,4 Millionen Autos mit einer Manipulations-Software ausgestattet worden, weltweit war die Rede von etwa elf Millionen Autos. Wie sich zeigte, waren VW-Pkw davon betroffen, außerdem VW-Nutzfahrzeuge sowie Autos der Konzerntöchter Audi, Skoda, Seat und Porsche.
Winterkorn erklärte die Vorfälle zum Thema "höchster Priorität" und teilte mit, er "bedauere zutiefst, dass wir das Vertrauen unserer Kunden und der Öffentlichkeit enttäuscht haben." Noch ist unklar, zu welchem Zeitpunkt Manager des Konzerns - vor allem in den USA - von den Manipulationen erfuhren. Von Unregelmäßigkeiten bei Programmen für die Motorsteuerung hatten einige offenbar schon im August 2015 gesprochen. Auch Winterkorn selbst steht im Verdacht, schon seit Mai 2014 informiert gewesen zu sein. Angeblich gab es eine an ihn adressierte interne Notiz mit entsprechendem Inhalt.
Was ist der technische Hintergrund?
Volkswagen-Ingenieure haben in der Motorsteuerung eine Software ("Defeat Device") eingesetzt, die dazu in der Lage ist, zu erkennen, wann das Auto einem Emissions-Test unterzogen wird und wann es sich im normalen Straßenbetrieb befindet. Bereits vorhandene Sensoren im Fahrzeug erleichterten den Einsatz der Software. Wenn sich zum Beispiel die Räder drehten, nicht aber das Lenkrad, dann schaltete der Motor automatisch in einen deutlich saubereren Modus. Der genaue Ablauf der Manipulation und welche Personen dafür verantwortlich sind, ist zum Zeitpunkt noch nicht vollständig aufgeklärt.
Eingesetzt wurde die von Audi entwickelte Software in allen TDI-Motoren der Baureihe EA 189, was einen 3-Zylinder-Motor mit 1,2 Liter und zwei 4-Zylinder-Motoren mit 1,6 Liter und 2,0 Liter Hubraum mit einschließt. Erst durch spätere Ermittlungen wurde bekannt, dass auch drei Liter große Sechszylinder-Dieselmotoren mit der Manipulations-Software ausgestattet wurden.
Auf diesem Weg konnte Volkswagen verschleiern, dass etwa der VW Passat (dessen Produktion als Dieselfahrzeug in den USA mittlerweile eingestellt wurde) die in Amerika zulässigen Stickstoffoxid-Emissionen um das fünf- bis zwanzigfache überschritt; der VW Jetta lag sogar um das fünfzehn- bis fünfunddreißigfache über den erlaubten Werten.
Welche personellen Konsequenzen wurden bislang gezogen?
Zuerst gab er sich kämpferisch, schließlich musste er sich dem Druck, der auf ihm lastete, aber doch beugen: Am 23. September 2015 trat Martin Winterkorn als VW-Chef zurück. In Wolfsburg sagte er: "Als Vorstandsvorsitzender übernehme ich die Verantwortung für die bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten bei Dieselmotoren und habe daher den Aufsichtsrat gebeten, mit mir eine Vereinbarung zur Beendigung meiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Volkswagen-Konzerns zu treffen." Volkswagen brauche einen Neuanfang, auch personell – mit seinem Rücktritt wolle er den Weg dafür freimachen. Eines Fehlverhaltens seinerseits sei er sich aber nicht bewusst, so Winterkorn weiter. Trotzdem könnte er wegen des strengen deutschen Aktienrechts für den entstandenen Schaden haftbar gemacht werden.
Zwei Tage nach Winterkorns Rücktritt gab Volkswagen bekannt, dass Matthias Müller ihn als neuer Konzernchef beerben werde. Der bisherige Vorstandsvorsitzende von Porsche kündigte sogleich an, die Abgas-Affäre "schonungslos aufklären" zu wollen. Mit einem Fünf-Punkte-Plan will er die Neuausrichtung des Zwölf-Marken-Konzerns bewältigen. Immer wieder fällt in dem Zusammenhang der Begriff "Strategie 2025". Mittlerweile läuft auch gegen ihn eine Klage in den USA. Seinen Sessel bei Porsche übernahm sein bisheriger zweiter Mann Oliver Blume. Der Volkswagen-Aktionär Union Investment betonte Mitte November 2015, man hätte bei der Neubesetzung der VW-Spitze einen "externen Kandidaten für den Posten des Vorstandsvorsitzenden" bevorzugt.
Neuer Aufsichtsratschef bei Volkswagen wurde Hans Dieter Pötsch, der zuvor schon als Finanzvorstand im Konzern aktiv gewesen war - seine Rolle im Abgas-Skandal wird zum Zeitpunkt noch untersucht. Michael Horn, US-Chef von VW, blieb zunächst in Amt und Würden – im März 2016 wurde jedoch sein sofortiges Ausscheiden aus dem VW-Konzern verkündet. Wegen der neuen Konzernstruktur wäre er ab April dem neu installierten Nordamerika-Chef unterstellt gewesen. Für diesen Posten war ursprünglich Winfried Vahland vorgesehen, der bisher die VW-Marke Skoda geleitet hatte. Mitte Oktober 2015 hatte dieser aber überraschend seinen Rückzug aus dem Konzern bekanntgegeben. Im Januar 2016 wurde stattdessen Ex-BMW-Manager Hinrich Woebcken mit der schwierigen Aufgabe betraut; in Personalunion übernahm er zudem die Geschäfte von Michael Horn.
Der im betreffenden Zeitraum verantwortliche Entwicklungschef Ulrich Hackenberg, dem der Ruf als bester Techniker des Konzerns anhaftete, musste wegen der mutmaßlichen Verstrickung in den Abgas-Skandal seinen Hut nehmen; ebenso die für die Motorenentwicklung zuständigen Manager Heinz-Jakob Neußer und Wolfgang Hatz.
Wie reagiert Volkswagen auf den Abgas-Skandal?
Der Konzern setzt jetzt alles daran, das Vertrauen seiner Händler und Kunden zurückzugewinnen. Krisenmanager Frank Roselieb sagte der Automobilwoche, der Umgang von VW mit dem Skandal sei kurz nach Bekanntwerden "recht holprig" gewesen, mittlerweile habe Volkswagen aber "die richtigen Hebel gestellt". Kritik an der öffentlichen Kommunikation des Konzerns gibt es aber weiterhin.
Damit Kunden selbst herausfinden können, ob ihr Auto mit der Software bespielt wurde, haben die einzelnen Konzern-Marken jeweils eine Website eingerichtet, auf denen man das anhand der Fahrgestellnummer testen kann. Seit Ende Januar 2016 findet in Deutschland der Massenrückruf betroffener Autos zur Überarbeitung der Motoren statt, der sich vermutlich das ganze Jahr lang hinziehen wird. Womöglich sogar länger: In den ersten Monaten des Jahres 2016 schaffte VW gerade mal ein Tagessoll.
In den USA musste der Konzern bis zum 21. April einen entsprechenden Plan vorlegen. Kurz vor dem Ende des Ultimatums wurde eine Einigung erzielt, die unter anderem beinhalten soll, dass jeder US-Halter eines manipulierten VW-Modells 5000 Dollar Entschädigung erhält. Bundesverbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD) mahnte schon vor dieser Einigung an, es dürfe bei der Abwicklung des Skandals keine Ungleichbehandlung deutscher und US-amerikanischer VW-Kunden geben: In den USA hatten betroffene Kunden bereits im letzten Jahr unter anderem Einkaufsgutscheine im Wert von bis zu 1000 Dollar erhalten - eine vergleichbare Aktion gab es in Europa nicht.
Um die Rückrufkosten sowie etwaige Strafzahlungen in Milliardenhöhe stemmen zu können, hat der Konzern Einsparungen angekündigt - unter anderem werden VW-Bauteilvarianten reduziert. Im Jahr 2016 werde man zudem die Sachinvestitionen auf maximal zwölf Milliarden Euro reduzieren, das sei eine Milliarde Euro weniger als im Durchschnitt der vergangenen Jahre. Das "Handelsblatt" berichtete überdies, VW wolle etwa bei den Zuliefererkosten allein drei Milliarden Euro sparen.
Auch in den Bereichen Personal, Sponsoring und Modellvielfalt soll dem Bericht zufolge Geld gespart werden. Einen Jobabbau in der Stammbelegschaft sollte es nach ersten Konzern-Angaben zwar nicht geben, angeblich sollen nun aber bis zu 3000 Stellen in der Verwaltung gestrichen werden. Unter Leiharbeitern besteht zudem die Angst, dass auslaufende Verträge nun nicht verlängert werden könnten; im VW-Werk Emden wurden im März 2016 bereits 250 Leiharbeiter-Verträge nicht verlängert. Konzernchef Müller kündigte an, dass der Vorstand bei den Vergütungen kürzer treten werde. Im April 2016 verständigten sich die Manager des Konzerns auf deutliche Kürzungen ihrer vertraglich vereinbarten Boni. Auch Ex-Chef Martin Winterkorn soll bereit sein, auf einen Teil seiner Bonuszahlungen zu verzichten. Jedoch haben sich die Manager bei diesem Boni-Deal ein Hintertürchen reserviert, was öffentlich scharf kritisiert wurde.
Welche Folgen werden bislang für VW erwartet?
Der Abgas-Skandal wird für Volkswagen vor allem eines: richtig teuer. Bußgelder, Strafzahlungen und weitere Kosten werden sich wohl auf mehrere Milliarden Euro belaufen, über die genaue Höhe kann man bislang nur spekulieren. Die juristische Dimension des Skandals wird nicht nur die Rechtsabteilung des Autobauers noch sehr lange beschäftigen; seit Ende November ermittelt die Staatsanwaltschaft Braunschweig auch wegen möglicher Steuerhinterziehung. Allein in den USA laufen gegen den Konzern über 500 Klagen - sogar die US-Regierung hat Klage eingereicht. Unter anderem werfen die dortigen Behörden dem Konzern vor, die Aufklärung der Abgas-Affäre durch Zurückhaltung von Material und Fehlinformationen zu behindern. Zudem hat die Handelsbehörde FTC ein Verfahren wegen irreführender Werbung eingeleitet ("Clean Diesel"). VW hat in dem Land den Staranwalt Kenneth Feinberg verpflichtet; Ex-FBI-Chef Louis Freeh soll zudem angeblich als eine Art "Außenminister" für VW in den USA auftreten.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, schätzt den möglichen Gesamtschaden für VW auf bis zu 100 Milliarden Euro. Zudem ist die Kreditwürdigkeit des Konzerns von den großen Ratingagenturen deutlich herabgesetzt worden, höhere Zinsen bringen weitere Zusatzkosten mit sich.
Neben den Emissions-Betrügereien bei Diesel-Motoren hat VW außerdem auch falsche Angaben zum Verbrauch und dem damit in Verbindung stehenden CO2-Ausstoß gemacht. Betroffen sind davon nicht nur Diesel-Fahrzeuge, sondern auch Benziner ab dem Baujahr 2012. Zuerst war man davon ausgegangen, dass bei rund 800.000 Fahrzeugen zu niedrige Werte angegeben worden waren, darunter knapp 100.000 Benziner. Im Dezember wurde die Zahl der betroffenen Fahrzeuge aber erheblich nach unten korrigiert. Vor Ende des Jahres 2015 musste VW der EU-Kommission umfassende Informationen in dieser Sache schicken; kurz vor dem Jahreswechsel hatte die EU zudem eigens einen Untersuchungsausschuss beschlossen, der den Abgas-Skandal umfassend aufklären soll.
Am 2. November 2015 meldete sich zudem erneut die US-Umweltbehörde EPA zu Wort und warf dem Volkswagen-Konzern vor, zusätzlich zu den schon enttarnten Motoren auch drei Liter große Sechszylinder-Dieselmotoren mit der Manipulations-Software ausgestattet zu haben. Hierdurch wurde auch die zuvor für unbeteiligt erklärte Konzerntochter Porsche in den Skandal verwickelt, denn der entsprechende Motor wurde zum Beispiel im Cayenne verbaut. 13.000 Exemplare des SUVs befinden sich offenbar im Visier der US-Behörden.
Audi räumte Ende November 2015 ein, in den USA seit 2009 in V6 TDI 3,0-Liter-Motoren eine Software benutzt zu haben, die nach US-Gesetzen unzulässig sei. Vorsätzliches Handeln bestritt die VW-Premiumtochter jedoch. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hat ein Prüfverfahren eingeleitet. Ob Audi-Chef Rupert Stadler jetzt auch um seinen Posten bangen muss, ist zum Zeitpunkt noch nicht gewiss. Technikchef Ulrich Hackenberg wurde Anfang Dezember entlassen, sein Nachfolger wurde ab 2016 Stefan Knirsch.
Umfrage 2015: Tut Volkswagen alles für eine lückenlose Aufklärung des Abgasskandals?
Umfrage Februar 2016: Wer wusste von den Manipulationen bei VW?
Die neue Führungsstruktur des VW-Konzerns im Jahr 2016
Umfrage: Sind Straßenkontrollen des Abgasverhaltens sinnvoll?
Stickoxid-Höchstwerte für Diesel-Pkw in der EU 2009 bis 2020
Wie reagieren andere Hersteller auf den Abgas-Skandal?
Wenn Europas größter Autobauer bei den Abgaswerten trickst, dann tun das die anderen doch sicher auch – diese Vermutung liegt für viele nah. Und tatsächlich ruht das Scheinwerferlicht der Ermittler nicht mehr nur auf dem VW-Konzern, sondern auch auf anderen Autoherstellern. Prüfungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) ergaben im April 2016, dass es Manipulationen auch bei Diesel-Fahrzeugen anderer Hersteller gab - so zum Beispiel bei Porsche, Mercedes, Opel, Audi und etlichen ausländischen Marken. Insgesamt sind 17 Hersteller betroffen. Insbesondere Opel rückte im Mai 2016 vermehrt in den Fokus der Untersuchungen; es steht sogar der Vorwurf im Raum, dass der Hersteller Abschaltvorrichtungen wie bei Volkswagen eingesetzt habe. Opel bestreitet das. Das Vertrauen der Kunden in die Autobranche ist wegen dieser Vorgänge insgesamt belastet. Auch der Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) steht heftig in der Kritik.
Der japanische Autobauer Mitsubishi hat im April zugegeben, bereits seit 1991 die Verbrauchswerte bei Kleinstwagen durch eine unzulässige Testmethode manipuliert zu haben. Insgesamt sind rund 625.000 Autos für den japanischen Markt betroffen, von denen wiederum 468.000 Autos für Nissan gebaut wurden - dort waren die Differenzen schließlich aufgefallen. Die Verbrauchstests, die Nissan durchführte, ergaben Messdaten, die von denen abwichen, die Mitsubishi geliefert hatte. Der Unterschied betrug fünf bis zehn Prozent.
Einige Hersteller hatten im Zuge des VW-Skandals auch ihre Chance gewittert, den eigenen Verkauf anzukurbeln. So bot zum Beispiel Fiat Chrysler italienischen VW-Fahrern eine Prämie von bis zu 1500 Euro an, wenn sie auf ein Modell des italo-amerikanischen Herstellers umstiegen. Ford hatte in Italien eine ähnliche Rabattaktion eingeleitet, jedoch lag die Prämie hier angeblich nur bei höchstens 750 Euro.
Welche Folgen hat der Skandal am Markt?
Der Wert der Marke Volkswagen wurde tief erschüttert. Die Abgas-Affäre bescherte dem Konzern den größten Verlust seiner Geschichte: Im vergangenen Jahr lag das Ergebnis unterm Strich mit minus 1,6 Milliarden Euro massiv in den roten Zahlen. 16,4 Milliarden Euro stellt VW zurück, um die Kosten des Abgas-Skandals zu decken. Ohne diese Belastung sähe es für VW gar nicht so schlecht aus: Das operative Ergebnis vor den Sonderbelastungen liegt mit 12,8 Milliarden Euro sogar leicht über dem des Vorjahres.
Der von vielen erwartete Einsturz der Verkaufszahlen von Volkswagen in den USA blieb im Oktober 2015, dem ersten vollen Monat nach Bekanntwerden des Diesel-Skandals, zwar noch aus: VW verkaufte auf dem wichtigen US-Automarkt etwa 30.000 Fahrzeuge – ein Durchschnittswert. Jedoch hatten die Autohändler in dem Land ihre Kunden mit massiven Kaufanreizen bei Laune gehalten. Im November brach der Absatz der Pkw-Kernmarke VW im US-Jahresvergleich dann aber doch heftig ein: um 24,7 Prozent auf 23.882 Autos. In Deutschland hingegen ging der Absatz schon im Oktober zurück; VW blieb mit 22 Prozent Marktanteil aber trotzdem Branchenführer. Verglichen mit dem Vorjahr verkaufte VW in Deutschland im Jahr 2015 trotz des Abgas-Skandals sogar 4,4 Prozent mehr Autos.
Weltweit verkaufte Volkswagen im Oktober 2015 etwa 490.000 Autos weniger als im selben Monat des Vorjahres, das entspricht bei der Kernmarke einem Rückgang von 5,3 Prozent. Der weltweite Absatz zwischen Januar und November lag ebenfalls unter den Vorjahreswerten. Um ein möglicherweise gebremstes Wachstum in den Stammmärkten abfedern zu können, will die VW-Kernmarke zukünftig neue "Chancenmärkte" erobern - die Rede ist etwa von den Geschäftsregionen Kenia, Äthiopien und Ecuador.
Unmittelbar nach Bekanntwerden des Skandals war die Volkswagen-Aktie an der Frankfurter Börse um knapp 20 Prozent im Wert gesunken – auf den tiefsten Stand seit 2012. VW-Aktionäre haben infolgedessen den Konzern verklagt, weil er sie zu spät über den Abgas-Skandal informiert haben soll. Das Wertpapierhandelsgesetz schreibt vor, dass Unternehmen, deren Aktien an der Börse gehandelt werden, die Öffentlichkeit unverzüglich über alle Ereignisse informieren müssen, die den Aktienkurs beeinflussen könnten ("Ad-hoc-Pflicht"). Volkswagen weist die Vorwürfe zurück.
Für VW-Anteilseigner könnte es wegen der drohenden Milliarden-Strafen für den Konzern eine Nullrunde bei den Dividenden geben.
Steht der Diesel-Antrieb jetzt vor dem Aus?
In naher Zukunft werden Autohersteller auch weiterhin Fahrzeuge mit Dieselmotoren bauen. Für viele Autofahrer ist der Selbstzünder sehr attraktiv - verglichen mit Benzinmotoren ist er sparsamer, zudem ist Diesel in vielen Ländern noch immer billiger als Benzin. Wie das Neuwagen-Portal "MeinAuto.de" im Januar 2016 berichtete, habe sich die Nachfrage nach VW-Dieselmodellen in Deutschland nach dem Abgas-Skandal schon Ende 2015 wieder deutlich erholt. Trotzdem könnte sich hierzulande an der niedrigen Besteuerung des Diesels schon bald etwas ändern: Greenpeace forderte kürzlich die Abschaffung der Dieselsteuer-Begünstigung, und auch das Umweltbundesamt plädierte im Dezember dafür, die Besteuerung nach oben hin anzupassen.
Aber da sich die Automobilindustrie zunehmend global aufstellt und der Diesel in den USA und in China – den beiden größten Automärkten – durch den Abgas-Skandal nicht gerade an Popularität gewonnen hat, wird es sich auf lange Sicht immer weniger lohnen, neue Modelle auch als Diesel-Variante herzustellen. In den USA blieben die deutschen Hersteller im Januar 2016 mehr denn je auf ihren Selbstzündern sitzen.
Vor allem japanische Hersteller setzen nun verstärkt auf elektrisch betriebene Autos – die Tageszeitung "Die Welt" überschrieb einen Artikel mit dem Satz "Toyota läutet das Ende des Diesel-Motors ein". Darin wird der Branchen-Experte Stefan Bratzel zitiert: "Die Entwicklung von Dieselmotoren ist ohnehin teurer als die von Benzinern. Wenn jetzt nach den Manipulationen von Volkswagen die Testverfahren verschärft werden, wird die Abgasreinigung aufwendiger. Dann rechnet sich der Diesel häufig nicht mehr. Die Selbstzünder haben ihren Höhepunkt als Antriebsart überschritten." Diesen Trend erkennen auch die deutschen Hersteller. Volkswagen-Entwicklungsvorstand Frank Welsch sagte im Gespräch mit der Automobilwoche, VW wolle bis 2020 die Elektromobilität massiv ausbauen.
Anfang Februar 2016 hat das EU-Parlament für schärfere Abgastests für Dieselfahrzeuge gestimmt. Diese sollen im September 2017 in Kraft treten. Grundlage für die Typzulassungen sind dann nicht mehr nur Tests auf dem Prüfstand; die Autos werden sich dann auch im Straßenverkehr als sauber erweisen müssen. (Mit Material von dpa)
[Hinweis: Der Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 24.05.2016]