München. Zudem hat die deutsche Industrie erheblich mehr Erfahrung bei metallischen Leichtbauverfahren als bei Verbundwerkstoffen. Hier sind Firmen, Forschungseinrichtungen und die Politik gefragt, den Aufbau von mehr Kompetenz zu beschleunigen. Diese Schlussfolgerung zieht jetzt eine erstmals vorgelegte Bestandaufnahme zur Leichtbau-Entwicklung in Deutschland, die das VDI Zentrum Ressourceneffizienz im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erarbeitet und Mitte Mai veröffentlicht hat. „Deutschland ist durch seinen technologischen Vorsprung im Leichtbau im internationalen Wettbewerb insgesamt gut aufgestellt“, lautet die Zwischenbilanz von Martin Vogt, Projektleiter beim VDI Zentrum Ressourceneffizienz. Doch die Wettbewerber holen rasch auf, stellt er fest. „In den USA und in China sind umfangreiche öffentliche und private Investitionen in den Leichtbau zu erkennen, die die derzeitige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in naher Zukunft vor neue Herausforderungen stellen können.“ In den verschiedenen Leichtbau-Bereichen sei die Kompetenz hierzulande unterschiedlich stark. Unternehmen und Forschung müssten aber in allen Domänen Lösungen beherrschen und gegebenenfalls auch am Markt anbieten können, warnen die Autoren der Studie. Besonders stark seien deutsche Unternehmen bei den keramischen Faserverbundwerkstoffen, wo sie eine weltweit führende Rolle einnehmen, heißt es in der Untersuchung. Eine Herausforderung liege vor allem bei Faserverbundkunststoffen wie GFK und CFK, die weltweit hohe Wachstumsraten verzeichnen. Derzeit spielten diese Verbundwerkstoffe zwar erst eine unter geordnete Rolle, doch bereits ab dem Jahr 2020 werde die Bedeutung merklich zunehmen. Der Leiter des Instituts für Fahrzeugsystemtechnik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Frank Henning, fordert eine bundesweite Koordination der Leichtbau-Forschung. „Wenn wir den aktuellen Vorsprung durch nachhaltige Forschungsprogramme nicht konservieren, dann haben wir viel verspielt.“ Auch die Autoren der VDI-Studie sehen alle Beteiligten im Soll. Als Konsequenz aus den Untersuchungsergebnissen empfehlen sie den Aufbau eines bundesweiten „Kompetenzatlas Leichtbau“, der die Akteure noch mehr zu Kooperationen animieren soll. Höchsten Stellenwert beim Leichtbau habe auch das Thema Interdisziplinarität. Deshalb raten die Branchenexperten zum Aufbau von Netzwerken und Clustern sowie zur Einrichtung von Kompetenz- und Demonstrationszentren. Einen besonderen Nachholbedarf bei Leichtbaukonzepten sieht Projektleiter Vogt bei kleinen und mittleren Unternehmen. Die KMU dürften sich auf dem Weg zur Leichtbau-Industrie nicht abkoppeln lassen. Er schlägt deshalb die Etablierung eines „Mittelstandsdialogs Leichtbau“ vor, über den sich die kleineren Firmen aus einer Region austauschen können – und möglichweise zu Kooperationen angeregt werden.