Software-Updates bei zusätzlich rund 2,5 Millionen Dieselfahrzeugen aus den Häusern VW, BMW und Daimler sollen die Luft sauberer machen. Gleichzeitig befeuern die Hersteller über so genannte "Umweltprämien" - also Sonderrabatte - den Kauf neuer, sauberer Modelle. BMW preist dabei seine Elektro- und Plugin-Hybrid-Fahrzeuge an, Toyota seine Hybride, Ford neue Diesel und auch Daimler zahlt Kunden mit einem Euronorm 4-Diesel je nach Fahrzeug einen vierstelligen Betrag, wenn sie sich noch in diesem Jahr für einen neuen Mercedes-Benz entscheiden - welcher Antriebsart auch immer.
Doch kein Hersteller hat bisher explizit Erdgas ins Spiel gebracht. Was überrascht, bieten Erdgasfahrzeuge doch einige Vorzüge. "Die Politik hält am Diesel fest, obwohl Erdgas als umweltschonende Alternative sofort verfügbar ist", sagt Tim Kehler, Vorstand von Zukunft Erdgas, einer Initiative der deutschen Erdgaswirtschaft. Ziel des Vereins ist die Förderung der Erzeugung und der Verbreitung von Erdgas, Wasserstoff und synthetisch erzeugtem Methan sowie deren Anwendungs-, Netz- und Speichertechnologien.
"Erdgasfahrzeuge emittieren im Vergleich zu Dieselautos mit den neuesten Abgasnormen 23 Prozent weniger CO2, 50 Prozent weniger Staub und nahezu keine Stickoxide", erklärt Kehler. Im Gegensatz zum Diesel existiere der Umweltvorteil nicht nur auf dem Papier, sondern beweise sich regelmäßig in Real-Abgastests unabhängiger Prüfinstitute.
Interessant sei der Antrieb mit Erdgas auch aufgrund seiner erneuerbaren Komponente in Form von Biomethan oder synthetischem Erdgas, das eine nahezu klimaneutrale Mobilität ermögliche.
Der vermehrte Einsatz von CNG-Fahrzeugen (Compressed Natural Gas, also komprimiertes Erdgas), könne demnach zu einer sofortigen Reduktion der Schadstoffbelastung beitragen. "Es müssen endlich die realen Schadstoffemissionen im Mittelpunkt stehen. Wir brauchen keine Kraftstoffkosmetik, die nur auf dem Papier sauber aussieht", appelliert Kehler.
Die Politik müsse Anreize schaffen, um den alternativen Kraftstoff nachhaltig im Markt zu etablieren. Das ginge zum Beispiel über eine Prämie: "Wer von seinem schmutzigen Diesel auf ein sauberes Erdgasfahrzeug umsteigt, sollte belohnt werden und eine Tauschprämie von 4.000 Euro erhalten", schlägt Kehler vor.
Als bezahlbarer Kraftstoff sei Erdgas die saubere und günstige Alternative zum problembehafteten Diesel. CNG ist an rund 900 Tankstellen bundesweit verfügbar und steuerermäßigt. Bisher haben sich noch wenige Kunden für Erd- oder Flüssiggasmodelle (LPG) entschieden: Bis Ende Juni wurden hierzulande 2154 Flüssiggas-Fahrzeuge und 1025 Erdgas-Autos zugelassen. Insgesamt fahren auf Deutschlands Straßen laut KBA rund 450.000 Fahrzeuge mit Flüssiggas und nur knapp 80.000 mit Erdgas.
Der alternative Kraftstoff ist der Autoindustrie natürlich nicht verborgen geblieben. Bisher hat aber lediglich der VW-Konzern eine Erdgas-Offensive gestartet. Der Automobilwoche sagt VW-Konzernchef Matthias Müller im Ende April: „Gemeinsam mit starken Partnern ist eine Kampagne geplant, um CNG mehr ins Bewusstsein zu rücken. Die Fahrzeuge dafür haben wir, nicht nur bei der Marke VW, sondern im ganzen Konzern. Wir legen hier in den kommenden Jahren nach.“ Bis 2025 sollder Bestand der 100.000 in Deutschland mit Erdgas (CNG) betriebenen Autos auf eine Million und das Tankstellennetz von 900 auf 2000 Standorte anwachsen. Derzeit kommen auf eine CNG-Tankstelle 100 Autos. Wirtschaftlich rechnet sich der Betrieb aber erst, wenn sich die Zahl der Fahrzeuge pro Station verdoppelt.
Auch die VW-Töchter Seat und Audi haben ihr Engagement im Bereich CNG verstärkt.Audi hat seine Modellpalette an Erdgas-Fahrzeugen zum Juni um zwei und damit auf drei erweitert. Jetzt gibt es auch die Modelle A4 Avant und A5 Sportback als G-Tron-Varianten. Seat wird den neuen Ibiza auch mit Erdgasantrieb auf den Markt bringen. "Die Argumente für CNG sind eindeutig. Wir werden den Versuch starten, Erdgasantrieb wieder attraktiv zu machen", sagte Bernhard Bauer, Chef von Seat Deutschland bei der Vorstellung des Ibiza im Mai in Barcelona. Seat-Chef Luca de Meo ergänzt: "Wir müssen den Kunden eine sinnvolle Lösung anbieten. Die Debatte über den Diesel läuft, daher brauchen wir andere Optionen."
In Ländern wie Italien oder Belgien ist die Nachfrage nach Erdgas-Modellen deutlich größer als inDeutschland. Auch andere Hersteller arbeiten am Thema CNG-Antrieb, wenn auch nicht so offensiv wie der VW-Konzern. Opel will ebenfalls weiterhin Erdgasautos anbieten. Daimler hat den CNG-Antrieb vor allem für Nutzfahrzeuge, aber auch in der B-Klasse im Portfolio. BMW hingegen gibt sich zurückhaltend: Man beobachte die Entwicklung, habe aber nicht vor, Erdgasfahrzeuge in Serie zu bringen.
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