Rüsselsheim/Paris. Der Verkauf des Autoherstellers Opel von General Motors an den französischen PSA-Konzern scheint für viele schon so gut wie festzustehen: Die Politik ist imBoot, die Gewerkschaften kooperieren. Und PSA-Chef Carlos Tavares spricht recht offenherzig darüber, was er mit seiner neuen Tochter anfangen würde. Noch ist aber nichts unterschrieben. Ein Überblick.
Was Sie über den möglichen Opel-Verkauf wissen müssen
Die Aussagen des PSA-Chefs sind klar. Falls es zu einer Übernahme kommt, muss Opel die schmerzhafte Sanierung selbst organisieren. Allzu exakte Vorgaben wird es aus Paris zunächst nicht geben, dafür aber anspruchsvolle Rendite-Erwartungen, die Tavares für den eigenen Laden gerade hochgesetzt hat.
"Monsieur Marge" sieht Opel in einem Zustand, in dem sich PSA 2013 befunden hat. Er selbst hat seitdem eine harte Sanierung durchgezogen und den Hersteller so auf die Erfolgsspur zurückgeholt. Unter anderem schloss er ein PSA-Werk mit 3000 Beschäftigten nördlich von Paris. Ähnliches dürfte er vom Opel-Management erwarten.
Zunächst in der schieren Größe, sagt Auto-Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Immerhin entstünde durch die Übernahme der nachVolkswagen zweitgrößte Autokonzern Europas. Opel ist zudem dort stark, wo PSA schwächelt, nämlich in Großbritannien und Deutschland. Größe zählt im Einkauf und bei den Verhandlungen mit Zulieferern.
Auch Investitionen in Zukunftstechnologien ließen sich leichter schultern. Mittelfristig könnten Opel-Autos auch inLänder außerhalb Europas exportiert werden, müssten dort allerdings aufwendig in den jeweiligen Markt neu eingeführt werden, in dem vielleicht auch die neuen Schwestern Peugeot und Citroen schon längst aktiv sind.
Sie dient vor allem der politischen Beruhigung imWahljahr und gibt den Betriebsparteien etwas Zeit. "Ende 2018 ist eigentlich übermorgen", warnen aber Auto- und Arbeitsrechtsexperten. Schon zuvor könnte Opel mit Abfindungsprogrammen beginnen, seine Mannschaft zu verkleinern.
Eine weitere Jobgarantie für alle Opelaner über das Jahr 2018 hinaus hält die Fachanwältin Cornelia Marquardt für unwahrscheinlich. Tausende Jobs stehen auf der Kippe, da sind sich die Experten einig.
Sie haben sich in den Verkauf gefügt und hoffen, die Zukunft mit der neuen Mutter PSA besser gestalten zu können. Einschnitte hätte es auch bei einem Verbleib imGeneral-Motors-Konzern gegeben. Die Arbeitnehmervertreter werden gegen Lohnverzicht versuchen, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und für die einzelnen Werke Perspektiven zu sichern.
Bei der laut dem Experten Stefan Bratzel wohl unausweichlichen Verringerung der Produktionskapazitäten sollten sie nicht darauf hoffen, dass auch im wieder profitablen PSA-Konzern Stellen wegfallen. Opel müsste sich unter Tavares selbst helfen. Entlassungen und Werkschließungen im europäischen Netz scheinen kaum vermeidbar. Die höchsten Arbeitskosten fallen in den deutschen Werken an.
Nein.Tavares hat bereits angekündigt, dass die künftigen Opel-Modelle im Falle einer Übernahme immer stärker PSA-Technologie nutzen würden. Wohin die Reise dann gehen könnte, zeigen die drei gemeinsam entwickelten Opel-Typen Crossland, Grandland und Combo, die gerade auf den Markt rollen.
Sie unterscheiden sich zwar inDesign, Anmutung und Abstimmung von ihren Schwestermodellen der Marken Peugeot und Citroen, sind aber weitgehend baugleich und laufen von denselben Bändern. Entwicklung und Produktion von Opel werden nach Einschätzung des Autobranchen-Experten Ferdinand Dudenhöffer deutlich verkleinert und komplett in den PSA-Verbund integriert.
Letztlich ist der genaue Fortschritt der Verhandlungen geheim. Da beide Seiten den Deal wollen, scheint eine grundsätzliche Einigung bereits bis zum Genfer Autosalon (9.-19. März) möglich.
Es gibt aber noch eine Vielzahl komplexer Probleme, etwa die künftige Nutzung der Opel-Patente oder die milliardenschweren Pensionslasten, die sich bei GM für die Opel-Belegschaft angehäuft haben. Auch der Kaufpreis steht noch nicht fest, wenngleich an der Börse über rund zwei Milliarden Dollar spekuliert wird.
Davon ist ziemlich sicher auszugehen, denn beiden fehlt zur globalen Ausrichtung künftig ein ganzer Kontinent, sie ergänzen sich daher in ihren jeweiligen Heimatmärkten Nordamerika und Europa. GM könnte seine fortschrittliche Elektrotechnik in Lizenz an die Europäer weitergeben, ohne sich selbst Konkurrenz zu machen. PSA könnte umgekehrt in der Zukunftstechnologie zum Erzrivalen Renault und auch zumVW-Konzern aufschließen. (dpa/mer)
Zum Thema:
Möglicher Opel-Verkauf an PSA: GM will Patente nicht einfach so hergeben
Geplanter Opel-Verkauf: Betriebsräte wollen Allianz schmieden