Deutschlands einstige Vorzeigebranche kämpft um ihre Zukunft. Die Autoindustrie will die Dieselkrise abschütteln, zugleich muss sie Milliarden in neue Technologien stecken. Und auch für Kunden und Beschäftigte zeichnen sich zahlreiche Umwälzungen ab.
Der Diesel in Existenznöten - nicht nur bei VW
Mit gefälschten Stickoxid-Werten bei Millionen Autos des VW-Konzerns fing es an. Kann der Diesel angesichts der Glaubwürdigkeitskrise und schrumpfenden Neuzulassungen noch mal die Kurve kriegen? Volkswagen ist bei der Aufarbeitung ein Stück vorangekommen - jedenfalls was Milliardenentschädigungen für Verbraucher in den USA, einen Vergleich im US-Strafrecht und den Rückruf betroffener Modelle angeht. Klagen von Aktionären und Betrugsermittlungen sind aber nicht ausgestanden.
Hinweise auf Software, die die Abgasreinigung auf der Straße senkt oder abschaltet, brachten auch andere Hersteller in den Verdacht der Manipulation. Tests des Kraftfahrt-Bundesamts und der Deutschen Umwelthilfe erschütterten das Vertrauen in den Diesel. Doch der Selbstzünder bleibt wohl noch einige Zeit unerlässlich: als relativ CO2-effiziente Übergangstechnologie in die Ära alternativer Antriebe. Wäre da nicht der vergleichsweise hohe Ausstoß an Stickoxiden (NOx).
Risiko Fahrverbote
Weil die Konzentration des Atemgifts NOx vielerorts erlaubte Niveaus übersteigt, haben Besitzer älterer Diesel Angst vor Fahrverboten. Vor allem Stuttgart, München oder Kiel hatten bereits 2016 hohe Werte. NRW und Baden-Württemberg gehen gegen Urteile vor, die Dieselautos aussperren könnten. Bald entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Eigentlich waren zum Januar 2018 Fahrverbote in Stuttgart geplant - zehn Jahre nach der Einführung erster Umweltzonen in Deutschland.
Die Bundesregierung will neben einem Milliarden-Fonds für sauberere Luft in den Städten weitere Hilfen bereitstellen. "Lotsen" sollen die Kommunen bei Förderanträgen für Verkehrsprojekte beraten. Einige Bürgermeister fordern, dass sich die Autobauer stärker beteiligen.
Anders als in Deutschland sind anderswo Neuzulassungs-Stopps für Diesel und Benziner schon beschlossen: Frankreich will bis 2040 aussteigen, Großbritannien ab 2040. Die Umwelthilfe lässt hierzulande nicht locker. Sie klagt vor weiteren Gerichten, um die Einhaltung der Luftqualität durchzusetzen.