SUVs sind nach wie vor angesagt. Aktuell machen sie rund ein Viertel der Neuzulassungen in Deutschland aus. Was steckthinter dem Erfolg? Der Wirtschaftspsychologe Rüdiger Hossiep von der Ruhr-Universität Bochum erklärt das Phänomen.
Warum SUVs so gefragt sind
Man kann das Auto als gepanzertes Selbst verstehen. Ich kann mich mit einem SUV stärker von der Außenwelt abschotten und transportiere auch etwas nach außen. Es erzeugt so etwas wie ein Überlegenheitsgefühl. Man sitzt höher, ist vermeintlich für jede Lage gut gerüstet und hat mehr Bodenfreiheit. Die geht aber auch mit überproportionalem Spritverbrauch einher.
Denn wenn die Autos einige Zentimeter höher liegen und entsprechend große Stirnflächen haben, sorgt das eben für einen schlechten Cw-Wert. Der meistverkaufte SUV in Europa ist der Volvo XC60. In Deutschland ist etwa die Hälfte davon nur mit Frontantrieb ausgestattet. So ist man bis auf die Höherlegung - und Sie dürfen in Deutschland nicht ohne weiteres querfeldein fahren - tatsächlich nur vermeintlich für jede Lage gut gerüstet.
In Teilen stimmt das sicherlich für Fahrer und für Fahrerinnen. Wo Rauch ist, ist in der Regel auch Feuer. Sie können ja mal schauen, was sich prominente Fußballspieler zum Teil für Autos kaufen. Da gibt es durchaus Geländewagen mit acht oder zwölf Zylindern, die auf der Autobahn 40 Liter verbrauchen.
Dieses Segment ist von Autos wie dem BMW X6 begründet worden. Der hat in der Branche den Spitznamen "Berlusconi-Car" - weil das ein völlig sinnfreies Auto ist. Ein riesengroßes Coupé, in das Sie quasi nichts hineinpacken können, das aber zweieinhalb Tonnen wiegt. Diese extrem tiefgelegten Sport-SUVs haben kaum Abrollkomfort und wenig Bodenfreiheit. Warum macht man sowas? Das kann keinen rationalen Grund mehr haben. Das ist weitgehend sinnfrei, außer es geht eben um emotionale Aspekte.
Das ist eher ein Scheinargument. Das geht ja mit vielen anderen Autos wie einem Kleinwagen oder einem Van auch. Da können Sie ebenso bequem ein- und aussteigen. Der Mensch ist ja kein rationales Wesen, sondern ein rationalisierendes. Das heißt, er hat immer gute Gründe. Der Trend geht Richtung SUV, und wenn sich Waltraud oder Dieter einen Tiguan kaufen, hätte ich auch gern einen.
Im Grunde ja. In Deutschland gilt ja auf der einen Seite der Grundsatz: "Bloß nicht auffallen". Und man hat wenig Courage, auch mal ein ganz anderes Auto zu fahren. Da wird auf den Vorgesetzten oder den Nachbarn geschielt.
Und auf der anderen Seite existieren Leute, die auf den Putz klopfen und sich nach unten abgrenzen wollen. Das ist aber sehr von der Region abhängig. Wenn Sie hier im Ruhrgebiet einen Porsche fahren, dann müssen Sie damit rechnen, dass er Ihnen beschädigt wird. Im Stuttgarter Raum zum Beispiel finden sich Hotel-Parkplätze, da stehen zu 40 Prozent Porsche.
Ein SUV erzeugt ein gewisses Überlegenheitsgefühl. Es ist leiser und es entkoppelt einen mehr von der Umwelt. Man fühlt sich nicht nur sicherer, das ist auch so. Denn im Falle eines Crashs hat in der Regel derjenige den Vorteil, der das schwerere Fahrzeug hat. Und man ist dem Unbill durch andere Verkehrsteilnehmer weniger ausgesetzt.
Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass Autofahrer, die an einer grünen Ampel stehen bleiben, umso später vom Hintermann angehupt werden, je größer ihr Auto ist. Fahren Sie mal mit einem Kleinstwagen und anschließend mit einem großen SUV rum. Sie werden völlig andere Erfahrungen im Verkehr machen. Mit dem großen SUV lassen Sie die anderen Leute ziemlich in Ruhe.
Man versucht hier, den Markt auszudehnen, indem man das Produkt diversifiziert und auf möglichst viele Segmente überträgt. Zum einen haben wir ja den Duft von Freiheit und Abenteuer, den die Autos versprechen. Für die Urban-Cowboys und die Cowgirls vor allen Dingen. Denn es fahren ja auch viele Frauen SUVs. Und zum anderen ein gewisses Schutzgefühl. Bei Frauen würde man wahrscheinlich aus tiefenpsychologischer Sicht interpretieren: Als Frau will man vielleicht nicht überall hinkommen, aber möglicherweise von überall wieder weg kommen können.
Ja. Und diese Schutzbedürftigkeit dürfte sogar noch zunehmen, denn der Straßenverkehr wird ja immer enger und ruppiger. Autofronten werden in diesem Zuge auch immer aggressiver gestylt. Durch die rauer gewordene Verkehrsumwelt, die Dichte des Verkehrs, höheren Zeitdruck und schnellere Fahrzeuge wird sich der Trend verstärken.
Letztlich ist das eigene Auto ja ein Rückzugsort zum Mitnehmen. Öffentliche Verkehrsmittel bieten dies so nicht, so dass man im doppelten Wortsinn eher angreifbar ist. Auch aus diesem Grund erleben wir eine Renaissance des Individualverkehrs gerade bei Frauen, die sich dann sicherer fühlen. (Interview: Peter Löschinger, dpa)
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