Nachdem er Steuerprivilegien für Diesel in Zweifel gezogen hat, gerät VW-Chef Müller unter Feuer. FDP-GeneralsekretärinBeer schrieb am Mittwoch auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit Blick auf Müller: "Frage an den Diesel-Judas: Was tragen Sie denn dazu bei, damit neue Technologien und emissionsfreie Kraftstoffe schneller kommen? Oder nur Abgreifen von noch mehr Subventionen?" In dem Tweet war ein Artikel zu den Aussagen Müllers verlinkt.
Beer konkretisierte später ihre Kritik. Die FDP-Politikerin sagte: "Anstatt berechtigten Forderungen von hohen Wertverlusten betroffener Dieselfahrer nach Entschädigung nachzukommen, will VW-Chef Müller Diesel höher besteuern." Halter und Fahrer dieser Fahrzeuge zahlten bereits heute mehr als 20 Milliarden Euro an Abgaben. "Es gibt also keine Subvention, wie Müller weismachen will. Er will höhere Steuern von Dieselfahrern, die dann als Subvention für Forschung und Entwicklung seinem Unternehmen zufließen sollen."
Ausgerechnet der VW-Chef verlange Subventionen für seinen Konzern, während Hunderttausende mittelständische Unternehmen die Weiterentwicklung ihrer Produkte aus eigener Kraft erwirtschaften müssten. Müller wolle den ohnehin geschädigten Dieselfahrern mit höheren Steuern doppelt in die Tasche greifen, anstatt sie wie in den USA zu entschädigen. "Das ist vorgetäuschte Sorge um den technischen Fortschritt, das ist ungenierte Selbstbedienung zu Lasten der Dieselfahrer."
Auch der ZDK griff Müller an: "Erst löst VW durch manipulierte Dieselfahrzeuge einen Flächenbrand aus, und dann kippt der Chef auch noch Brandbeschleuniger drüber", erklärte Hauptgeschäftsführer Axel Koblitz. Millionen von Autofahrern hätten sich einen teuren und hoch besteuerten Diesel gekauft, um bei den Kraftstoffkosten zu sparen und etwas für den Klimaschutz zu tun. Sie stünden jetzt angesichts drohender Fahrverbote und massiver Wertverluste ihrer Fahrzeuge vor einem Scherbenhaufen.
Noch schlimmer gehe es vielen Händlern, auch denen des VW-Konzerns, die angesichts kaum noch verkäuflicher Gebraucht-Diesel um ihre Existenz fürchten müssten. Es befremde, dass Müller in einer solchen Situation "geschmeidig die Seiten wechsele" und sich Beifall von Dieselgegnern und dem Bundesrechnungshof abhole, heißt es in der Erklärung des ZDK. Die Begründung Müllers, durch seine Vorschläge den Umstieg auf Elektrofahrzeuge fördern zu wollen, sei dagegen "geradezu abwegig". Der typische Diesel-Kunde benötige ein langstreckentaugliches Fahrzeug. Auf absehbare Zeit könnten Elektroautos das nicht leisten.
Der VW-Chef hatte dem "Handelsblatt" gesagt: "Wenn der Umstieg auf umweltschonende E-Autos gelingen soll, kann der Verbrennungsmotor Diesel nicht auf alle Zeiten weiter wie bisher subventioniert werden." Fachleute und Umweltexperten hatten sich ebenfalls gegen dieses Diesel-Privileg gewandt.
Konkret schlug Müller eine schrittweise Umschichtung der Steuererleichterungen vor. "Das Geld könnte sinnvoller in die Förderung umweltschonender Antriebstechniken investiert werden. Abstriche bei den Diesel-Subventionen, dafür Anreize für Elektroautos, wären das richtige Signal. Das würden wir aushalten, ohne gleich Existenzängste haben zu müssen."
Während Umweltverbände und auch die Grünen mehrheitlich Zustimmung signalisierten, reagierte der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Christian Schmidt (CSU) irritiert. Eine blaue Plakette bedeute "nichts anderes als die kalte Enteignung von Millionen von Diesel-Besitzern". Die Branche stehe in der Verantwortung, mehr Mobilität bei weniger Emissionen zu schaffen.
Der Bundesrechnungshof hatte am Dienstag die niedrige Besteuerung von Diesel-Kraftstoffen erneut infrage gestellt. Durch die im Verhältnis zu Benzin geringere Besteuerung seien dem Fiskus 2015 Einnahmen in Höhe von 8,0 Milliarden Euro bei der Energiesteuer sowie 1,5 Milliarden Euro bei der Umsatzsteuer entgangen. Dabei haben die Rechnungsprüfer allerdings die höheren Sätze für Diesel-Pkw bei der Kraftfahrzeugsteuer nicht gegengerechnet. (Mit Material von dpa)
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