Wolfsburg/Hannover. Gewerkschafter statt Großaktionär: Wenn Volkswagen in einer Woche zur Hauptversammlung nach Hannover ruft, wird nicht mehr VW-Patriarch Ferdinand Piëch die Debatte zur Zukunft des Autobauers leiten - sondern mit Berthold Huber ein Sozialdemokrat und Ex-Chef von Europas größter Gewerkschaft IG Metall.
Eine Momentaufnahme, gewiss, denn Huber leitet den Aufsichtsrat nur kommissarisch. Aber es ist ein starkes Symbolbild für den seit jeher großen Einfluss der Gewerkschaften und Arbeitnehmer beim zweitgrößten Autobauer der Welt.
«VW hat kapitalseitig ohnehin eine schwache Aktionärsstruktur, und ohne Piëch ist die nun noch schwächer», sagt Branchenbeobachter Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg/Essen. «Die aktuelle Wende hat die Gewerkschaftsseite noch stärker gemacht.»
Fraglos hat Huber die «ausdrückliche Unterstützung» der Kapitalseite, wie Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (SPD) betont. Es sei der Wunsch der Anteilseigner, dass Huber die Interimsaufgabe übernehme.
Doch die Konstellation ist selten, womöglich einmalig. Ein Beispiel, das ähnliche Geschichte schrieb, war 1968 die Berufung des IG-Metall-Chefs Otto Brenner als Vertreter der Arbeitgeber in den Aufsichtsrat von Krupp. Ein Gewerkschafter als Eigentümervertreter - ein bis dato einmaliges Schulterschluss-Signal.