Rupert Stadler kommt in einem grauen Mercedes zum Audi-Prozess. Es ist ein symbolisches Bild: Er ist nicht mehr der Audi-Chef, in dessen Zeit die Marke Absatzerfolge feierte und einige Jahre mehr Autos als Mercedes-Benz verkaufte. Dazwischen liegen der Diesel-Skandal, eine mehrmonatige Untersuchungshaft und Stadlers Rauswurf.Entschlossen marschierte der 57-jährige Angeklagte am Mittwochvormittag in den Saal, in dem in den nächsten zwei Jahren der erste deutsche Strafprozess um den Dieselskandal stattfindet - braungebrannt, mit längeren Haaren als früher, eine Hand in der Hosentasche, einen Rucksack lässig über die Schulter geschwungen.
Wegen des Verkaufs von Dieselautos mit geschönten Abgaswerten hat ihn die Staatsanwaltschaft vor dem Landgericht München angeklagt, zusammen mit dem ehemaligen Audi-Motorenchef und Porsche-Technikvorstand Wolfgang Hatz und zwei Ingenieuren. Theoretisch drohen ihnen bei einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Gefängnis. Stadler begrüßte Hatz mit einem fröhlichen Faust-Gruß - die beiden anderen Angeklagten schien er zu übersehen.
Der erste Tag ist am Mittwoch mit einer guten Nachricht für den angeklagten Ex-Audi-Chef zu Ende gegangen. Nach Einschätzung des Gerichts kommt bei den Stadler zur Last gelegten Taten kein aktives Tun sondern nur Unterlassen infrage. Die Staatsanwaltschaft war in der stundenlang verlesenen Anklageschrift unter anderem von Betrug sowohl in mittelbarer Täterschaft als auch durch Unterlassen ausgegangen. Bei Taten durch Unterlassen ist der Strafrahmen zwar grundsätzlich gleich, kann aber reduziert werden. Insgesamt wäre - im Falle einer Verurteilung - somit eine geringere Strafe zu erwarten.
In dem Saal in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim geht es um viel. Juristisch um "Betrug, mittelbare Falschbeurkundung sowie strafbare Werbung" - so hat es die Staatsanwaltschaft schon im Sommer mitgeteilt. Theoretisch drohen den Angeklagten damit bei einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Gefängnis. Und es geht um die Aufarbeitung des Dieselskandals. Audi-Ingenieure hatten jahrelang Abgastests ausgetrickst. Eine illegale Software sorgte dafür, dass die Stickoxid-Grenzwerte auf dem Prüfstand eingehalten wurden. Auf der Straße aber überschritten die Abgase den Grenzwert. Lange kam Audi damit durch. Auch in Autos der Marken VW und Porsche wurden die Motoren eingebaut, bis das Ganze im Herbst 2015 aufflog und die ganze Branche erschütterte.