Wenn die Nacht hereinbricht über Tokio, dann treiben sie es bunt in Akihabara. Denn dort, wo die Heim- und Unterhaltungselektronik in den 1950er Jahren ihren weltweiten Siegeszug begonnen hat, dreht sich heute alles um Videospiele und Comic-Charaktere. Und wer einmal erwachsene Menschen an einem ganz normalen Abend wie selbstverständlich im Mangakostüm flanieren sieht, der mag den eigenwilligen Spieltrieb der Japaner noch immer nicht verstehen. Aber er erkennt zumindest seinen Stellenwert.
Bislang haben sich davon oft auch die Autodesigner leiten lassen. Zumindest bei ihren Studien. Denn während sie auf der Straße oft für ihre kultivierte Langeweile gescholten werden, bauen die japanischen Hersteller regelmäßig die verrücktesten Showcars und machen damit einen Besuch der Motorshow in Tokio beinahe zu einem Bummel durch einen riesigen Spielwarenladen. Doch in diesem Jahr ist alles anders.
In Akihabara flanieren sie zwar immer noch als Astroboy oder Superman und stürmen die Pachinko-Spielhallen. Doch auf der Messe (noch bis 5. November)sind die verspielten Zeiten offenbar vorbei.
Die Gründe für den Stimmungswandel mögen vielfältig sein: die elektrische Revolution, die erodierende Bedeutung von Toyota & Co auf dem Weltmarkt, die großen technischen Herausforderungen. Oder einfach nur die Erkenntnis, dass auch Amerikaner, Europäer und vor allem die Chinesen eine blühende Fantasie haben und es so bei den Messen in Genf, Frankfurt, Detroit, Shanghai oder Peking mittlerweile genauso viel Buntes zu sehen gibt. Doch das Ergebnis ist klar: Spielzeugautos sind selten geworden, und die Studien gewinnen an Ernst.