Der Auto- und Lastwagenbauer Daimler steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Auf der Hauptversammlung im Mai soll die neue Konzernstruktur von den Aktionären abgesegnet werden - just dann, wenn der langjährige Daimler-Chef Dieter Zetsche seinen Posten an den einstigen Entwicklungsvorstand Ola Källenius weiterreicht. Im Tagesgeschäft hat der Schwede viel Arbeit vor sich, wie sich wohl an den Zahlen für das erste Quartal ablesen lassen wird, die der Dax-Konzern an diesem Freitag (26. April) vorlegt.
Scharfer Gegenwind zu Jahresbeginn erwartet
Daimlers Ausblick auf das laufende Jahr war Anfang Februar von Anlegern bereits mit Enttäuschung aufgenommen worden. Der Konzern ist vorsichtig geworden, seit in China der Zollstreit zwischen den USA und Peking auf dem Markt lastet und in Europa ebenfalls deutlich weniger Schwung zu spüren ist. Zudem hat Mercedes aktuell mit einigen Modellwechseln und daher einem Einbruch bei den Absatzzahlen zu kämpfen. Im ersten Quartal verkaufte der Premiumhersteller von der Stammmarke weltweit 5,6 Prozent weniger Autos.
Angesichts der Schwierigkeiten in der Branche hat Daimler-Chef Zetsche auch ein Sparprogramm in Aussicht gestellt, wie es derzeit viele Autobauer und Zulieferer planen. Konkrete Maßnahmen würden noch geprüft, hieß es auf der Bilanzpressekonferenz im Februar. Das abschließende Wort wird dabei wohl der angehende Vorstandschef Källenius haben. Das "Manager Magazin" berichtete unlängst, dieser wolle bei Mercedes bis 2021 zusätzlich sechs Milliarden Euro sparen, in der Trucksparte zwei Milliarden. Womöglich fallen demnach auch Tausende Stellen weg.
Zusätzlich zu den höheren Kosten für Elektroantriebe, Assistenzsysteme sowie neue Modelle belasten den Autobauer ungeplant hohe Anlaufkosten für ein Werk in Mexiko. Im laufenden Jahr rechnet Finanzchef Bodo Uebber mit Gegenwind von Währungskursen und höheren Rohstoffkosten in Höhe von zusammengenommen rund 1,5 Milliarden Euro. Auch die Änderung der Struktur in eine Dachholding mit den rechtlich eigenständigen Sparten Autos, größere Nutzfahrzeuge und Mobilitätsdienstleistungen wird einen mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag kosten.
Im ersten Quartal wird Daimler allerdings einen Sonderertrag aus der Gründung des Mobilitäts-Joint-Ventures mit BMW von rund 700 Millionen Euro verbuchen, der die Ergebnisse etwas aufhübscht. Weitere Weichenstellungen hat Daimler bereits vorgenommen: Das seit längerem schwierige Geschäft mit der Kleinwagenserie Smart wird mit dem chinesischen Großaktionär Geely zusammengelegt, Entwicklung und Produktion finden künftig in China statt. Mit BMW will Daimler zudem die Technologie für das autonome Fahren gemeinsam voranbringen.
Bei der Kernsparte Mercedes-Benz Cars peilt Daimler in diesem Jahr lediglich 6 bis 8 Prozent Umsatzrendite an, nach bereits schwachen 7,8 Prozent im Vorjahr. Bei den Trucks und Bussen sind 7 bis 9 Prozent Marge angestrebt. Noch läuft das Geschäft mit den großen Nutzfahrzeugen gut und sorgt für Stabilität. Doch die Lkw-Hochkonjunktur in Nord- und Südamerika steht derzeit auf wackligen Füßen. Insgesamt rechnet Daimler konzernweit mit einem leichten Umsatzplus.
Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern soll um 5 bis 15 Prozent über dem des schwachen Vorjahres liegen - inklusive des Sondereffekts beim Carsharing-Venture mit BMW. Vergangenes Jahr hatten Softwareupdates bei Diesel-Autos, Probleme mit dem neuen Abgastestverfahren WLTP und Rechtsstreitigkeiten das Ergebnis deutlich belastet.
Bereits nach dem ersten Quartal dürfte sich zeigen, dass der Ausblick für das Konzernergebnis vor Zinsen und Steuern nur noch knapp erreichbar sei, schrieb Analyst Marc-René Tonn von Warburg Research jüngst in einer Studie. Der Experte rechnet mit einem schwachen Jahresauftakt. In der Autosparte dürfte der Umsatz um knapp 9 Prozent sinken, das operative Ergebnis gar um gut 40 Prozent. Weniger teure Autos sowie Wechselkurseffekte und höhere Rohstoffkosten dürften die Marge deutlich unter Druck bringen.
JPMorgan-Experte Jose Asumendi schätzt den Start ins Jahr ebenfalls schwach ein, vor allem wegen des geringeren Anteils von teuren Autos wie SUVs ist er vorsichtig. Allerdings geht er davon aus, dass die Investoren weniger darauf achten, sondern eher das neue Management in den Fokus nehmen. Der künftige Finanzchef Harald Wilhelm, der von Airbus kam, ist bereits in den Daimler-Vorstand eingezogen, wenn auch bis zur Hauptversammlung am 22. Mai noch ohne Geschäftsbereich.
Die sechs von der Nachrichtenagentur Bloomberg bis Mittwoch befragten Analysten schätzen für das erste Quartal im Schnitt einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von 2,76 Milliarden Euro, das wäre ein Rückgang um gut 17 Prozent. Beim Umsatz steht demnach ein Minus von 1,3 Prozent auf 39,3 Milliarden Euro zu Buche.
Nachdem es von einem Hoch im Januar 2018 bei über 76 Euro auf bis unter 45 Euro Anfang dieses Jahres runterging, konnte der Kurs danach wieder deutlich aufholen. Seit Beginn des Jahres hat er rund 28 Prozent zugelegt bis auf aktuell fast 59 Euro. Das ist ein deutlich stärkerer Kursanstieg als beim Rivalen BMW (9 Prozent) und den Volkswagen-Vorzugsaktien (14 Prozent). Selbst den europäischen Branchenindex (plus 22 Prozent) konnte Daimler in dieser Zeitspanne übertrumpfen. (dpa-AFX/gem)
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