München. Erich Sixt ist kein Mensch, der unter Selbstzweifeln leidet. Mit der Welt ist Deutschlands bekanntester Autovermieter zwar nicht immer im Reinen, mit sich selbst aber meistens schon. Auf den Hauptversammlungen lacht er gern über seine eigenen Witze und freut sich diebisch, wenn er mit einer seiner provokanten Werbekampagnen mal wieder für Diskussionen sorgt. An diesem Mittwoch (25. Juni) wird der Selfmade-Millionär 70 Jahre alt. Das Wort «Ruhestand» ist dem eigenwilligen Unternehmer aber ein Graus: «Ich bin fit», sagt er - und bleibt zur Freude seiner Aktionäre weiter am Steuer.
Der Konzern mit Sitz in Pullach bei München ist sein Lebenswerk. «Ich bin von dem Unternehmen besessen.» Nach einem abgebrochenen Betriebswirtschafts-Studium übernahm Sixt vor 45 Jahren die kleine Autovermietung seiner Eltern und baute sie zum größten Autovermieter Deutschlands mit einem Milliardenumsatz aus. Als das Wachstum im eigenen Land ihm nicht mehr reichte, suchte Sixt rund um den Globus nach neuen Standorten für seine Autos - und fand sie reichlich: Seit einige Jahren fahren die Autos mit dem Sixt-Schriftzug selbst in Amerika über die Straßen. Dort ist der Wettbewerb unter den Autovermietungen weltweit am härtesten ist.
Sixt überlebte den Sprung ins Haifischbecken und kokettiert seither mit seiner Rolle als David gegen Goliath auf dem US-Automarkt. «Das macht eine Menge Spaß.» Hilfreich für seine Expansion ist sein einprägsamer Name, der auch Amerikanern problemlos über die Lippen geht. Während andere Firmen Millionen für eine markante Marke zahlen, bekam Sixt sie in die Wiege gelegt. «Ich habe Glück, dass ich den Namen Sixt von meinen Vorfahren geerbt habe.»
Aber er half auch nach, um seinen Namen noch bekannter machen. Nicht alle seine Werbekampagnen gingen gut: Als er mit einem Bild des aus der Psychiatrie entlassenen Gustl Mollath warb, brach ein Sturm der Entrüstung los. Sixt musste sich entschuldigen und die Kampagne umgehend beenden. Völlig daneben ging im Jahr 2011 auch eine Anzeige, in der Sixt auf die Verschuldung Griechenlands anspielte. Danach habe es sogar Morddrohungen gegeben, erzählte Sixt später dem Spiegel. Er habe sich in aller Form beim griechischen Volk entschuldigt.
Seine Aktionäre stört es nicht, dass die Diplomatie nicht zu seinen Stärken zählt. Im Gegenteil: Viele von ihnen pilgern jedes Jahr zur Hauptversammlung, um ihn einmal live zu erleben. An seinen Redetext hält er sich dabei meistens nicht, sondern gibt auf dem Podium gerne auch mal seine Sicht über die ihm verhassten «Bürokraten» zum Besten oder lästert über Vorruheständler, die «ihrer Pension entgegendämmern.»
Davon ist Sixt zwar weit entfernt. Er will solange weitermachen, wie er in der Lage ist, sich selbstkritisch zu betrachten - das sagt er immer wieder. Trotzdem sorgen sich die Aktionäre seit Jahren darum, was aus ihrem Unternehmen wird, wenn der Senior einmal geht. «Die Aktie ist eine Option auf die Gesundheit unseres Erich Sixt», sagte ein Anleger schon im vergangenen Jahr. Immerhin hat sich der Aktienkurs in den vergangenen fünf Jahren fast vervierfacht. Größter Profiteur ist der Chef selbst, dem die Mehrheit an Sixt gehört und ihm einen sorglosen Lebensabend sichert. Aber wer kommt dann? Seine beiden Söhne arbeiten zwar bereits im Unternehmen. Ob sie das Ruder aber vom Vater übernehmen, ist ungewiss.
Wichtige Termine macht der Chef immer noch gerne selbst. Dann setzt sich Sixt in einen seiner Mietwagen oder in seinen Firmenjet, den er als ausgebildeter Pilot noch immer selber fliegt. In seiner Freizeit liebt er die Philosophie und Opernbesuche mit seiner Frau Regine Sixt, die auch in seinem Unternehmen eine wichtige Rolle spielt und zu den Münchner Society-Ladies gehört. Bis sie auch viel Freizeit mit ihrem Mann verbringen kann, wird es aber noch eine Weile dauern. Klassische Rentner-Beschäftigungen wie Golf und Gärtnern, stellt Sixt immer wieder klar, sind nichts für ihn. (dpa/gem)