Die Bundesregierung will den flächendeckenden Aufbau von Ladepunkten für Elektroautos vorantreiben und dabei die Wirtschaft stärker in die Pflicht nehmen. Das geht aus einem "Masterplan Ladeinfrastruktur" der Bundesregierung hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Der Ausbau von öffentlich zugänglichen Ladesäulen könne nicht allein über Förderung gestemmt werden: "Wo eine bedarfsgerechte Versorgung marktgetrieben nicht erfolgt, werden daher auch ordnungsrechtliche Maßnahmen erwogen." Dies können zum Beispiel Auflagen sein.
Konkret geht es dabei um Standorte von Ladepunkten, die künftig wenig angefahren werden und wenig wirtschaftlich sind - aber für das Netz dennoch von "strategischer Bedeutung". Für solche Standorte sei zunächst eine staatliche Finanzierung notwendig - notfalls dann aber ordnungsrechtliche Vorgaben.
Für den Hochlauf der Elektromobilität bedürfe es einer "angemessenen, verbraucherfreundlichen und verlässlichen Ladeinfrastruktur", heißt es in dem Plan. Dies sei entscheidend für die Kaufentscheidung der Verbraucher. "Damit Deutschland auch weiterhin führende Automobilnation bleibt, müssen Politik und Industrie Hand in Hand an der schnellen Verbreitung von Elektrofahrzeugen arbeiten."
Für eine ausreichende Ladeinfrastruktur sei es notwendig, dass die Bundesregierung einen zunächst überproportionalen Aufbau ermögliche, auch mit staatlicher Förderung. Weiter heißt es aber: "Der Aufbau von Ladeinfrastruktur muss langfristig eine Aufgabe der Wirtschaft sein."
Der "Masterplan" ist in der Bundesregierung abgestimmt. Er ist ein wesentlicher Punkt bei einem Spitzentreffen am Montagabend im Kanzleramt. Daran nehmen neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mehrere Bundesminister, Ministerpräsidenten und die Spitzen von Union und SPD teil - daneben die Chefs des Autoverbandes VDA, von Gewerkschaften, Autoherstellern und Zulieferern.
Deutlich mehr Elektroautos in den kommenden Jahren sind zum einen notwendig, damit die Hersteller strengere Klimavorgaben der EU einhalten können - zum anderen, damit Deutschland die Klimaziele für 2030 einhält. Vor allem der Verkehr muss liefern, denn die Emissionen des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 im Verkehrsbereich sind seit 1990 kaum zurückgegangen.
Um die Klimaziele zu schaffen, wird bis 2030 eine Zahl von 7 bis 10 Millionen Elektrofahrzeuge als notwendig angesehen. Im August waren laut Masterplan nur rund 220.000 E-Fahrzeuge in Deutschland zugelassen. Derzeit gibt es rund 21.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte. Bis 2030 soll es laut Klimaschutzprogramm eine Million öffentliche Ladepunkte geben.
Damit der Ausbau der Ladeinfrastruktur mit dem Hochlauf der E-Mobilität Schritt hält, plant die Bundesregierung verschiedene Maßnahmen. Dabei sei entscheidend, dass der Verbraucher im Mittelpunkt stehe: "Er entscheidet, ob die vorhandene Ladeinfrastruktur ausreicht und seinen Anforderungen und Bedürfnissen genügt. Nur bei entsprechender Akzeptanz der Nutzer wird die Elektromobilität ein Erfolg." Eine Ladesäule soll für den Verbraucher problemlos aufzufinden seien, er soll "nicht über Gebühr" auf einen freien Ladepunkt warten müssen. Die Preisgestaltung soll transparent und nachvollziehbar sein.
Konkret geht es um gezielte Förderungen und verbesserte gesetzliche Rahmenbedingungen. Bis Ende des Jahres soll eine Nationale Leitstelle gegründet werden, die die Maßnahmen koordiniert. Bis 2023 will die Regierung früheren Angaben zufolge mehr als drei Milliarden Euro in die Tank- und Ladeinfrastruktur für Pkw und Lkw mit CO2-freien Antrieben investieren. 2020 sollen erstmals auch 50 Millionen Euro für private Lademöglichkeiten bereitgestellt werden. Außerdem sollen verstärkt Ladepunkte an Kundenparkplätzen zum Beispiel an Supermärkten gefördert werden.
Durch eine Versorgungsauflage soll zudem geregelt werden, dass an allen Tankstellen in Deutschland auch Ladepunkte angeboten werden. Das Verkehrsministerium will außerdem bis Ende 2020 Kriterien festlegen, ob und in welchem Umfang an Autobahn-Rastanlagen zusätzlich Ladeinfrastruktur erforderlich ist. Zudem soll wie bereits bekannt der Bau von privaten Ladestationen für Elektroautos erleichtert werden, etwa in Tiefgaragen - durch Änderungen im Wohneigentumsrecht. Die Neuregelungen sollen bis Ende 2020 in Kraft treten.
Die Autoindustrie verpflichtet sich laut "Masterplan" dazu, mindestens 15.000 Ladepunkte auf ihren Betriebsgeländen und dem angeschlossenen Handel zu errichten. Darüber hinaus werde bis 2030 die Errichtung von 100.000 Ladepunkten angestrebt. (dpa/os)
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