Kurz vor der Landtagswahl in Hessen kocht die Debatte über drohende Diesel-Fahrverbote weiter hoch. Die Bundesregierung bekräftigte ihre Position, dass Sperrungen in Städten mit geringen Grenzwert-Überschreitungen bei der Luftverschmutzung in der Regel nicht verhältnismäßig wären. Dies soll auch gesetzlich untermauert werden, ohne dass der Bund Sperrungen untersagen könnte.
"Am Ende entscheidet eine Kommune selbst, ob sie ein Fahrverbot verhängt oder nicht", sagte ein Sprecher des Umweltministeriums. Umweltverbände und Opposition kritisierten das Vorgehen. An diesem Mittwoch steht eine Gerichtsverhandlung über ein weiteres Fahrverbot an - in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz.
Konkret will der Bund für Städte, die den Grenzwert von 40Mikrogramm Stickstoffdioxid (NO2) je Kubikmeter Luft um höchstens 10 Mikrogramm überschreiten, "Klarheit bei der Verhältnismäßigkeit" schaffen, wie das Umweltministerium erläuterte. Kanzlerin Angela Merkel (CDU)hatte dies am Sonntagabend bekräftigt.
An diesem Sonntag wird in Hessen ein neuer Landtag gewählt. Für Frankfurt am Main mit einer Luftbelastung von zuletzt 47 Mikrogramm hat ein Gericht kürzlich Fahrverbote ab 2019 angeordnet, dagegen geht das Land juristisch vor.
Hintergrund ist auch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das Fahrverbote für generell zulässig erklärt, die Umsetzung aber an die Verhältnismäßigkeit knüpft. Nordrhein-Westfalens Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) begrüßte die Pläne der Bundesregierung. Die Unverhältnismäßigkeit sei bisher in sehr aufwendigen Gutachten zu prüfen, sagte sie dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag). Eine gesetzliche Klarstellung würde daher helfen.
Der Anwalt der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die in vielen Städten für Diesel-Fahrverbote vor Gericht zieht, hält das Vorhaben dagegen für wirkungslos. "Das ist eine Kosmetik, die an der Rechtslage überhaupt nichts ändert", sagte Remo Klinger der Deutschen Presse-Agentur. "Der Bund kann nicht pauschal entscheiden, was für Städte verhältnismäßig ist."
Fahrverbote müssten dem Bundesverwaltungsgericht zufolge verhängt werden, wenn andere Maßnahmen nicht genau so schnell dazu führten, den EU-Grenzwert einzuhalten. "Ein solches Gesetz müssen Gerichte ignorieren, da Rechtsvorschriften nicht beachtet werden dürfen, die verhindern, dass das Europarecht durchgesetzt wird."